Krisen, Notfall und Kontinuitätsmanagement
- Kontinuitätsmanagement
- Drei Typen von Krisen
- Unternehmenskrisen
- Auswirkungen
- Krisenkommunikation und Medieneinfluss
Krisen-, Notfall- und Kontinuitätsmanagement
Unternehmenskrisen sind ungeplante und ungewollte Prozesse von begrenzter Dauer und Beeinflussbarkeit sowie mit ambivalentem Ausgang. Sie sind in der Lage, den Fortbestand der gesamten Unternehmung substanziell und nachhaltig zu gefährden oder sogar unmöglich zu machen. Dies geschieht durch die Beeinträchtigung dominanter Ziele, deren Gefährdung oder gar Nichterreichung gleichbedeutend ist mit einer nachhaltigen Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung.
Die Auswirkungen der Situationen mit Krisenpotenzial können bei mangelnder Krisenprävention verheerend sein. Mangelndes Krisenmanagement im Rahmen des betrieblichen Risikomanagements hat auch betriebswirtschaftliche Folgen.
Ein wichtiger Erfolgsfaktor von guten Unternehmen ist ihr entwickeltes Bewusstsein gegenüber Krisen, die in jeglicher Art und zu jeder Zeit möglich sind. Sie begegnen dieser Gefahr mit Hilfe professioneller Krisenprävention:
Stets an solche Möglichkeiten denken, sie nicht aus den Augen verlieren
Alle denkbaren Möglichkeiten korrekt einschätzen
Ihre möglichen Wirkungen abschätzen
Die entsprechend nötige Infrastruktur schaffen
Die Mitarbeiter darauf einstellen
Abläufe trainieren
Bei Eintritt sie möglichst weitgehend vermeiden und nicht im Schockzustand verharren.
Das hört sich sehr logisch an, ist aber längst nicht überall Praxis und auch nicht ganz leicht.
Besonders durch die Entwicklung des Internets spielt bei Krisen stets auch das mediale Interesse eine sehr große Rolle. Derlei Nachrichten verkaufen sich beim Publikum sehr gut. Das kann zu Imageschäden betroffener Unternehmen führen, die letztlich auch eine große materielle Wirkung entfalten können. Insofern ist es äußerst wichtig, im Rahmen der Krisenkommunikation auch über professionelle Konzepte zu verfügen, die diesen Bereich betreffen.
Inwieweit hierbei auch oder insbesondere das Facility Management in den Unternehmen involviert ist, wird mit der FM-Strategie festgelegt. Krisenstrategien und die operative Bewältigung von Krisen werden wohl stets die originäre Aufgabe des obersten Managements im Unternehmen sein. Allerdings sollte hier das Facility Management als dasjenige Organ im Unternehmen, das in die allermeisten betrieblichen Prozesse involviert ist, eine ganz wesentliche Rolle spielen.
Drei Typen von Krisen
Die Liste der Literatur, die sich mit Krisen beschäftigen, ist sehr groß. So definiert Pachurka beispielsweise die folgenden drei Typen von Krisen:
Krisenarten
Art | Erläuterung |
---|---|
Überlebenskrise | schwerste Form der Unternehmenskrise. Es droht die Gefahr der Insolvenz |
Steuerungskrise | beruht z. B. auf Problemen der Führungskultur im Unternehmen |
Veränderungskrise | Hervorgerufen durch schlecht gemanagte Veränderungen (z. B. schlechtes Change-Management) bei organisatorischen Neuordnungen, Fusionen, Outsourcing u.a.m. |
Insbesondere durch die Globalisierung und den schnellen wissenschaftlich-technischen Fortschritt "bleibt" eine Krise nicht immer in der jeweiligen Branche, in der sie ausgebrochen ist, sondern sie kann auch andere Branchen treffen. Die bislang am häufigsten von Krisen getroffenen panischen sind die folgenden:
Ursachen von Unternehmenskrisen
Es ist nicht leicht, die Ursachen von Unternehmenskrisen zu bestimmen, weil die Zusammenhänge sehr komplex sind und zumeist die Krise aus einer Summe verschiedener interner, aber auch externen Einflüsse entsteht. Als wichtige Einflüsse, sind folgende zu nennen:
Krisenursachen
Vorrangig intern veranlasst | Vorrangig von außen |
---|---|
Störfälle | Naturereignisse |
Unglücke | Fusionen |
Ausfall von Engpassanlagen | Sabotage |
Managementfehler | Industriespionage |
Personalfehler | Wettbewerbsverletzungen |
Veruntreuung | Kriminelle Anschläge |
Korruption | Erpressungen |
Produktfehler/Produkthaftungsfälle | Entführungen |
Streiks | Medien |
Produktionsverlagerungen | Angriffe von pressure groups |
Ursprung nicht funktionierender Kriseninterventionen sind meist nicht oder schlecht durchgeführte Risikoanalysen. Die negativen Auswirkungen von Krisen sind umso größer, je mehr die Krisenprävention nicht funktioniert.
Ein tragisches Beispiel:
Kapitän zur See E. J. Smith im Jahre 1907:
„Wenn mich jemand fragt, wie ich am besten meine Erfahrungen aus 40 Jahren auf hoher See beschreiben würde, so könnte ich diese Frage lediglich mit ‚unspektakulär‘ beantworten. Natürlich gab es schwere Stürme, Gewitter und Nebel, jedoch war ich nie in einen Unfall verwickelt, der es wert wäre, über ihn zu berichten. Ich habe während dieser langen Zeit kaum ein Schiff in Not gesehen noch bin ich selbst in Seenot geraten oder habe mich sonst in einer misslichen Lage befunden, die in irgendeiner Form drohte, zum Desaster zu werden.“
Am 14. April sank die SS Titanic auf ihrer Jungfernfahrt nach einer Kollision mit einem Eisberg. Das Unglück forderte mehr als 1500 Menschenleben, auch das des Kapitäns E. J. Smith. Die Reederei geriet in extreme wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Auswirkungen bei Unternehmenskrisen
Situationen mit Krisenpotential treffen die meisten Unternehmen einmal. Entscheidend ist die Bewältigungsstrategie. Die Krisenvorsorge ist ein wichtiger Bestandteil des Betriebssicherheitsmanagement‐Systems! Betriebswirtschaftliche Folgen nach Großschaden trotz ausreichenden Versicherungsschutzes nach Angeben der Versicherungswirtschaft .
Typische Auswirkungen von Unternehmenskrisen können sein:
Personenschäden, hohe Sachschäden, Umweltschäden
Produktionsausfälle, erhebliche Betriebsunterbrechungen
Langanhaltende Lieferengpässe, Verkaufsrückgänge
Gewinnverluste
Mitarbeiterentlassungen
Imageschäden, Vertrauensverlust, Reputationsschäden
Insolvenz, Unternehmensschließung.
Krisenkommunikation und Medieneinfluss
Die Unternehmen müssen heutzutage ganz wesentlich auch die gängigen Social Media berücksichtigen. Es ist nicht möglich, um die Einbeziehung des Internets und um die Darstellungen in den sozialen Medien herumzukommen. Das gilt für alle, im privaten Bereich und erst recht bei Unternehmen und Organisationen, seien diese privat oder staatlich. Man spricht insbesondere in diesem Zusammenhang von der Doppelfunktion des Internets: Feuerlöscher vs. Brandbeschleuniger.
Während also das Internet eine ideale Informationsplattform darstellt, ist sie ebenso Plattform für die vermeintliche Potenzierung von Schäden in der Öffentlichkeit der Verbreitung von Gerüchten und Falschmeldungen. Jedes Unternehmen muss also auch die Medien intensiv beobachten und ein Rezept für die Reaktion im Netz haben. Man spricht auch vom sogenannten Issue Management als dem Früherkennungssystem für schwache Signale aus dem Umfeld des Unternehmens. Wenngleich das Issue Management für das gesamte Unternehmen gelten sollte, gelten seine Prinzipien selbstverständlich auch für das Facility Management. Diese Prinzipien sind in der folgenden Tabelle dargestellt.
Phasen des Issues Managements
Nr. | Was? | Erläuterung |
---|---|---|
1 | Scanning | Identifizieren von Issues als grundlegende Phase |
2 | Monitoring | Analyse der öffentlichen Meinung und Medien einschließlich der „Social Media“ |
3 | Strategic issue diagnosis | strategische Prüfung und Einstufung der Analyseergebnisse |
4 | Message Formating | Wahl der Reaktion auf strategische Issues. (proaktive und reaktive Handhabung) |
5 | Incorporation into strategic plan | Integration in die strategische Planung |
Über die einzelnen spezialisierten Formen des Issue Managements und des professionellen Online-Monitoring soll an dieser Stelle im Rahmen des Facility Managements nicht näher eingegangen werden. Wir glauben, dass diese Informationen ausreichend sind, um die Fähigkeit des jeweiligen Facility Managements bezüglich dieser besonderen Anforderung auf den Prüfstein stellen zu können. Die Issues haben einen eigenen Lebenszyklus. Das bedeutet, dass es mit fortschreitendem Lebenszyklus immer schwieriger wird, durch das Unternehmen auf die fortgeschrittenen Informationen (ob richtig oder falsch) proaktiv Einfluss zu nehmen. Im Ergebnis dieser wichtigen Erkenntnis gehört in den USA das Issue Management zu den selbstverständlichen Managementinstrumenten.
Nicht allein, weil die DIN EN 15221 im Zusammenhang mit Security auch die Krise erwähnt, gehen wir näher auf dieses Thema ein, sondern weil das Facility Management aufgrund seines immensen Umfangs ein hohes Potenzial in sich birgt, zum Anlass von Unternehmenskrisen werden zu können. In diesem Zusammenhang sei auch noch einmal ausdrücklich hingewiesen auf die Notwendigkeit der Regelwerksverfolgung. Denn die Vielfalt geltender Regeln gerade auf dem Gebiet des Facility Managements unbeachtet zu lassen, birgt höchstes Risikopotenzial in jeglicher Hinsicht. Die folgenden Ausführungen verstehen sich gleichsam als eine empfehlende idealtypische Checkliste zur Anwendung bei Krisen. Die folgende Aufzählung enthält die notwendigen Empfehlungen:
Öffentlichkeitsarbeit während der Krise:
Information wird sofort und ohne Verzögerung weitergeben
Innerhalb der ersten zwei Stunden eine Pressekonferenz einberufen und das sofort ankündigen
Informationsstrom nicht abbrechen lassen (alle 2 h neue Meldungen)
In Krisenzeiten übernimmt der Chef persönlich die Information
In die Entscheidungsprozesse Informationsprofis einbeziehen
Nur einer spricht – eine Botschaft – keine Widersprüche
Den Dialog suchen, Fragen beantworten, nicht ausweichen
Emotional sein. Betroffen sein. Botschaften personalisieren und über die betroffenen Menschen sprechen, nicht über Materielles
Ausschließlich wahrheitsgemäß berichten. Keine Spielereien, Fakten, keine Tricks
Sofortige Hilfe anbieten (z. B. Barzahlung für Auslagen)
Medien benutzen, um Telefon‐Nr. o.ä. bekannt zu geben.
Die Presse in Trabhalten und mit Hintergrundinformationen versorgen.
Presse mit Essen, Getränken und Unterkunft versorgen.
Vertrauen und gutes Image in guten Zeiten aufbauen. Krisenvorsorge
auf Gleichbehandlung der Medien achten.
Multimedial reagieren.
Unternehmen, die der Störfall‐Verordnung unterliegen, sind auf eine gerichtsfeste Information der betroffenen Öffentlichkeit bereits im Vorfeld von Schadensereignissen angewiesen:
Aus Erfahrung hat sich das Einhalten einer zeitnahen Information an die Medien in unserer modernen Medienlandschaft als Pflicht erwiesen. Die folgende Tabelle zeigt die üblichen Pflichten auf.
Informationspflichten bei Krisen
Pflichten in der Zeit der | Pflichten |
---|---|
ersten 20 Minuten |
|
ersten Stunde |
|
ersten zwei Stunden |
|
ersten vierundzwanzig Stunden |
|
der ersten Tage |
|
ersten Wochen |
|
„Faustformel“ | „ZDF“ - Zahlen, Daten, Fakten |
Eine Möglichkeit zur Abstimmung ist das Vorgehen nach den sechs Krisen‐W’s:
Was ist passiert und was wird unternommen?
Wer wird informiert bzw. einbezogen?
Wie kann das Vertrauen erhalten bzw. wiedererlangt werden?
Wann wird die Öffentlichkeit informiert?
Warum kam es zur Krise?
Wo wird Stellung genommen?