Notfall‑Übungs‑ und Trainingsplan
Facility Management: Security » Anforderungen » Qualität » Notfall‑Übungs‑ und Trainingsplan

Notfallübungs- und Schulungsplan
Sicherheitsdienstleister müssen über das reine Bewachen hinausgehen – in Notfällen auf dem Firmengelände agieren sie faktisch als Ersthelfer und Erstinterventionskräfte. Zwischenfälle von Bränden bis hin zu aktiven Bedrohungen (z. B. Amokläufen) können ohne Vorwarnung auftreten, und das anfängliche Handeln der Sicherheitskräfte vor Ort ist in solchen Situationen entscheidend. Eine angemessene Notfallreaktion fußt auf Vorbereitung, Koordination und einer kontinuierlichen Auffrischung von Fähigkeiten durch Training. Regelmäßige Übungen und szenariobasiertes Training sorgen für einen “Muskelgedächtnis”-Effekt: Das Sicherheitspersonal und andere Mitarbeiter können unter Stress schneller und entschlossener handeln. Solche Übungen setzen die Notfallpläne realitätsnah um und decken Lücken oder übersehene Details auf, was ermöglicht, diese noch vor einem Ernstfall zu beheben. So vermeidet man, dass man in einer echten Krise sprichwörtlich „auf die harte Tour lernen“ muss, was zu tun ist.
In Deutschland ist rigorose Notfallvorbereitung nicht nur Best Practice, sondern auch eine gesetzliche Verpflichtung. § 10 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) verlangt vom Arbeitgeber, entsprechend der Art der Arbeitsstätte, der Tätigkeit und der Anzahl der Beschäftigten diejenigen Maßnahmen zu treffen, die für Erste Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung erforderlich sind – und dabei auch an andere anwesende Personen (z. B. Besucher) zu denken. Ebenso schreibt § 4 Abs. 4 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) für viele Arbeitsstätten einen Flucht- und Rettungsplan vor und verlangt, dass in angemessenen Zeitabständen Evakuierungsübungen entsprechend diesem Plan durchgeführt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Beschäftigte wissen, wie sie sich im Gefahr- oder Katastrophenfall in Sicherheit bringen können. Die Einhaltung dieser Vorschriften ist wichtig, um rechtliche Konsequenzen – von Bußgeldern bis hin zu Haftungsansprüchen – zu vermeiden. Über die Compliance hinaus sendet ein Unternehmen, das in Notfallschulungen investiert, ein deutliches Signal: Die Sicherheit von Menschen und Sachwerten hat Priorität. Insbesondere für kritische Infrastrukturen, Bürogebäude mit vielen Mietparteien oder 24/7-Betriebe gilt: Die verbindliche Forderung nach einem Notfallübungs- und Schulungsplan in jeder Sicherheitsdienst-Ausschreibung etabliert einen hohen Standard. So wird gewährleistet, dass jeder Anbieter bereits im Vorfeld nachweisen muss, dass er über Kompetenz, Ausrüstung und Protokolle verfügt, um Worst-Case-Szenarien effektiv zu bewältigen. Letztlich gilt: Wenn die Einreichung eines Notfall-Trainingsplans in allen Sicherheitsdienst-RFPs verpflichtend gemacht wird, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass das gewählte Sicherheitsunternehmen im Ernstfall professionell und gemäß Kundenrichtlinien sowie in Abstimmung mit öffentlichen Einsatzkräften reagiert.
Ausschreibungsanforderung: Welche Unterlagen Bieter einreichen müssen
Um die Vorbereitung auf Notfälle von Anfang an in den Auftrag zu integrieren, sollte die Ausschreibung die Bieter verpflichten, als Teil ihres Angebots einen detaillierten Notfallübungs- und Schulungsplan vorzulegen. Dieser Plan muss darlegen, wie der Sicherheitsanbieter sein Personal vor und während der Vertragslaufzeit auf Notfälle vorbereitet und trainiert.
Wesentliche Elemente, die jeder Bieter in seinem Plan abdecken sollte, sind:
Initiale Schulung vor Einsatzbeginn: Beschreiben Sie die Einführungs- oder Startschulung, die alle Sicherheitskräfte absolvieren, bevor sie ihren Dienst vor Ort antreten. Dies stellt sicher, dass das Wachpersonal bereits mit der Notfallinfrastruktur des Objekts vertraut ist (z. B. Standorte von Feuerlöschern, Notausgängen, Alarmanlagen) und die objektspezifischen Notfallprotokolle des Auftraggebers kennt. Bieter sollten z. B. angeben, ob neues Sicherheitspersonal im Rahmen der Einarbeitung eine Brandschutz- und Erste-Hilfe-Unterweisung im Objekt erhält.
Regelmäßige Auffrischungsschulungen: Legen Sie einen Zeitplan für fortlaufende Schulungen dar (z. B. vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich), um die Fähigkeiten des Personals aktuell zu halten. Kontinuierliches Training ist unerlässlich, da sich Notfallverfahren und Gefahrenlagen im Laufe der Zeit ändern. Der Plan sollte sich auf einen Schulungskalender verpflichten, der die Frequenz und konkreten Termine geplanter Übungen oder Unterweisungen angibt, zusammen mit der Anzahl der jeweils beteiligten Mitarbeiter. Indem die Ausschreibung von den Bietern einen solchen Schulungsplan mit Terminen (z. B. mindestens eine Übung pro Quartal) verlangt, kann der Auftraggeber vergleichen, wie jeder Anbieter gedenkt, die Einsatzbereitschaft über die gesamte Vertragsdauer hinweg aufrechtzuerhalten.
Szenario-basierte Übungen: Der Plan muss praktische Übungen beinhalten – bloßer Theorieunterricht reicht nicht. Bieter sollten die Arten von Notfallszenarien auflisten, die sie üben werden (z. B. Evakuierungsübung bei Feueralarm, Amoklauf-/Lockdown-Übung etc.), und erläutern, wie diese Übungen durchgeführt werden. Die Inhalte und Methoden der Schulung (etwa ob Live-Simulationen, Rollenspiele oder Planspiele zum Einsatz kommen) sind anzugeben. Die Einbeziehung praxisnaher Übungen im Trainingsplan wird von Vergabestellen häufig als Qualitätskriterium herangezogen, um die Kompetenz und den Ernst des Bieters in puncto realitätsnahes Training zu bewerten.
Abgedeckte Notfälle und objektspezifische Risiken: Jeder Bieter muss eine umfassende Liste der Notfälle und Risikoszenarien vorlegen, die sein Trainingsprogramm abdeckt. So kann der Auftraggeber erkennen, dass der Bieter die relevanten Szenarien (von Brand bis Bombendrohung) berücksichtigt hat und nicht nur ein generisches Programm bietet. Der Plan sollte risikoabgestimmt auf das Objekt sein – beispielsweise wird der Plan für ein Rechenzentrum den Fokus auf Stromausfall und Serverraum-Brand legen, während für ein Einkaufszentrum Amoklauf- und Bombendrohnen-Szenarien im Vordergrund stehen könnten. (Typische abzudeckende Notfälle werden im Abschnitt 3 unten behandelt.) Bieter müssen zeigen, dass sie sich mit dem Gefährdungsprofil der Einrichtung auseinandergesetzt haben und ihr Personal entsprechend schulen werden.
Rollen und Teilnehmer des Trainings: Es ist klarzustellen, wer geschult und in Übungen einbezogen wird. Ein belastbarer Plan umfasst sämtliches Sicherheitspersonal – und zwar nicht nur die Streifen- und Empfangskräfte, sondern auch Leitstellen-Mitarbeiter, Schichtleiter und ggf. das Rezeptions- oder Hausmeisterpersonal, sofern diese in Notfallabläufe eingebunden sind. In der Angebotsunterlage sollte benannt werden, ob bestimmtes Personal (z. B. Objektleiter oder Brandschutzhelfer) zusätzliche Spezialschulungen erhält. Es ist zudem sinnvoll, wenn Bieter erwähnen, wie sie bei Übungen andere Gebäudebeteiligte einbeziehen (z. B. Facility Manager, Mietpersonal), um zu zeigen, dass sie sich in das umfassende Notfallkonzept integrieren.
Verfahren zur Auswertung nach Übungen: Besonders wichtig ist, dass der Bieter erklärt, wie nach jeder Übung oder Schulung eine Auswertung und Verbesserungsmaßnahmen erfolgen. Es reicht nicht, nur Übungen durchzuführen – ein qualitativ hochwertiger Plan sieht einen Feedback-Mechanismus vor. In der Ausschreibung sollte verlangt werden, dass Bieter ihre Auswertungsmethodik beschreiben – z. B. ob sie Beobachter-Checklisten verwenden, die Evakuierungszeit stoppen, Teilnehmer befragen oder mit dem Auftraggeber ein Debriefing abhalten. Das Angebot sollte festhalten, dass nach jeder Übung vom Sicherheitsdienst ein Bericht oder eine Übungskritik erstellt wird, der den Ablauf dokumentiert, die Leistung anhand bestimmter Kriterien bewertet und „Lessons Learned“ für eine stetige Verbesserung auflistet. Deutsche Richtlinien für Evakuierungsübungen empfehlen beispielsweise, dass im Anschluss an die Übung die Organisatoren eine Nachbereitung durchführen und dokumentieren und alle Beschäftigten zeitnah über Erkenntnisse informiert werden. Die Bieter sollten daher klar aufzeigen, dass sie eine strukturierte Nachbesprechung (etwa unmittelbar nach der Übung ein internes Feedbackgespräch und innerhalb weniger Tage einen schriftlichen Bericht an den Kunden) fest eingeplant haben. Die Vergabestelle sollte dies zur verbindlichen Vorgabe machen: Jede Angebotsunterlage muss darlegen, wie das Unternehmen die Effektivität der Übungen messen und gefundene Schwachstellen korrigieren will.
Durch die Verpflichtung dieser Punkte in der Ausschreibung stellt der Auftraggeber sicher, dass der letztlich beauftragte Sicherheitsdienst einen strukturierten Plan hat, um sein Personal auf Notfälle vorzubereiten. Führende Organisationen praktizieren bereits solche Anforderungen. So empfiehlt z. B. ein Beschaffungsleitfaden der europäischen Sicherheitswirtschaft, von den Bietern detaillierte Ausbildungspläne einschließlich Unterrichtsmethodik, Schulungsinhalte, Praxisübungen, Dauer, Trainerqualifikationen sowie sogar einen konkreten Schulungskalender einzufordern; zudem sollen die Bieter sich formell verpflichten, diese Trainings mit dem zur Vertragserfüllung vorgesehenen Personal durchzuführen. Dieses Niveau an Detail erlaubt der Vergabestelle, objektiv zu bewerten, wie gut jeder Bieter der kritischen Verantwortung der Notfallbereitschaft gerecht werden kann.
Arten von Notfällen, die in Übungen abgedeckt sein müssen
Nicht jedes Objekt ist denselben Gefahren ausgesetzt, aber jeder Sicherheitsdienstleistungsvertrag sollte Vorbereitungen für einen Kernsatz an Notfällen beinhalten. Der von den Bietern eingereichte Notfallübungs- und Schulungsplan muss ein breites Spektrum an Szenarien berücksichtigen. Mindestens sollten gängige Notfälle abgedeckt werden, die in einem Gebäude mit hoher Belegungsdichte oder in einem Hochrisiko-Umfeld auftreten könnten.
Typische Szenarien sind:
Brand und Gebäudeevakuierung: Feuer ist eines der universellsten Risiken. Übungen müssen das Sicherheitspersonal darin schulen, auf Brandalarme zu reagieren, Personen zu Notausgängen zu geleiten, Feuerlöscher einzusetzen und die Evakuierung in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr zu koordinieren. Vollständige Evakuierungsübungen sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Sicherheitskräfte das Gebäude zügig räumen und alle Personen in Sicherheit bringen können. (In Deutschland haben sich Evakuierungsübungen in einem Turnus von 2–5 Jahren als praxisgerecht erwiesen – je nach Gefährdungsbeurteilung teils öfter.) Die Wachleute sollten in diesen Übungen die Rolle von Evakuierungshelfern einnehmen – sie alarmieren die Anwesenden, weisen den Weg zu den Ausgängen, prüfen ihre zugewiesenen Bereiche auf zurückgebliebene Personen und sammeln alle an den Sammelstellen.
Medizinische Notfälle und Erste Hilfe: Medizinische Zwischenfälle wie Herzanfälle, Unfälle oder plötzliche Erkrankungen können jederzeit passieren. Oft sind Sicherheitskräfte zuerst vor Ort, weshalb das Trainingsprogramm Erste-Hilfe-Übungen enthalten muss. Dazu gehört das Training in Wiederbelebungsmaßnahmen (CPR), die Anwendung von AED-Geräten (Defibrillatoren) und die Versorgung verletzter Personen bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. In Deutschland schreiben die Unfallversicherungsträger eine bestimmte Quote an betrieblichen Ersthelfern vor (z. B. mindestens 5% der Beschäftigten in Bürobereichen), und Sicherheitsmitarbeiter übernehmen aufgrund ihrer ständigen Präsenz häufig diese Funktion. Bieter sollten daher darlegen, dass ein Großteil ihres Personals einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert hat und diese Qualifikation aktuell hält (Erste-Hilfe-Lehrgänge müssen alle 2 Jahre aufgefrischt werden). Ein gut ausgearbeiteter Plan könnte vorsehen, dass zu Vertragsbeginn alle Sicherheitskräfte an einem professionellen Erste-Hilfe-Training (z. B. beim DRK) teilnehmen und anschließend regelmäßig in Notfallmedizin geschult bleiben. Ohne diesen Bestandteil ist ein Angebot unvollständig – diese Schulung ist absolut verpflichtend.
Unbefugtes Eindringen oder aktive Bedrohung (Gewalt): Diese Kategorie umfasst Einbrecher/Täter, Hausfriedensbruch sowie Amok- oder aktive Täterlagen. Das Personal muss auf Lockdown-Situationen und aggressive Bedrohungen vorbereitet sein. Schulungen sollen Verfahren bei einem Eindringling oder einer bewaffneten Person umfassen – etwa das Auslösen spezieller Alarmierungsstufen (z. B. Amokalarm), das schnelle Abriegeln von Zugängen, das Anleiten der Anwesenden zur Deckung/Sicherung sowie die Zusammenarbeit mit der Polizei. In Übungen kann z. B. ein simulierter Aggressor eingesetzt werden, um zu testen, wie die Sicherheitskräfte reagieren: Wird der „Amok-Alarm“ korrekt abgesetzt? Können die Mitarbeiter einen Bereich sicher abriegeln? Werden die Personen angewiesen, sich zu verbarrikadieren oder einen sicheren Bereich aufzusuchen? Ein solcher Drill überschneidet sich mit Lockdown-Übungen (siehe unten). Angesichts der gestiegenen Gefährdungslage durch Amoktaten erwarten viele Auftraggeber heute, dass Sicherheitsdienste Active-Shooter-Trainings oder vergleichbare Konzepte (z. B. DEUS – Durchsetzen einer Sicherheitszone) beherrschen. Dieser Punkt sollte im Plan klar adressiert sein.
Bombendrohung oder verdächtige Gegenstände: Bei exponierten Objekten und kritischen Infrastrukturen muss man auch auf Bombendrohungen vorbereitet sein. Der Schulungsplan sollte sicherstellen, dass Wachpersonal weiß, wie bei einer telefonischen Bombendrohung vorzugehen ist (z. B. Rückfragen anhand eines Bombendrohungsformulars stellen, ruhig bleiben und die richtigen Stellen alarmieren) und wie ein Bereich nach verdächtigen Gegenständen abgesucht wird. Übungen können beinhalten, dass ein „verdächtiges Paket“ platziert wird, um die Such- und Räumungsprozesse zu testen. Sicherheitsstandards in Deutschland (z. B. DIN 77200 für hochsichere Objekte) berücksichtigen solche Szenarien ausdrücklich – z. B. wird im Ernstfall eine sofortige Evakuierung und Alarmierung der Polizei gefordert. Bieter sollten aufzeigen, dass sie für dieses eher seltene, aber kritische Szenario Protokolle entwickelt haben. Die Einbindung einer Bombendrohungsübung (sei es praktisch oder in Planspiel-Form) unterstreicht die Weitsicht des Anbieters.
Lockdown / Shelter-in-Place (z. B. Amoklauf oder externe Gefahr): Manche Notfälle erfordern es, Personen im Gebäude zu halten statt sie zu evakuieren. Der Plan sollte Übungen für Abschottungs-Situationen vorsehen – etwa wenn außerhalb eine Gefahr droht (Chemieunfall mit giftiger Wolke, Schusswechsel in der Umgebung) oder bei einem Täter im Gebäude, wo Weglaufen gefährlicher wäre. Die Sicherheitskräfte müssen trainieren, schnell Türen zu verschließen, Anwesende zu beruhigen und sie anzuhalten, Schutz zu suchen, sowie stille Alarme oder codierte Durchsagen abzusetzen. Solche Übungen überschneiden sich mit dem aktiven Bedrohungstraining: Fokus liegt hier darauf, Chaos zu minimieren und möglichst unauffällig Schutz zu organisieren. Ein guter Notfallplan eines Bieters wird auch dieses Szenario einschließen, insbesondere für Einrichtungen wie Schulen, Einkaufszentren oder Bürohochhäuser, wo „Shelter-in-Place“ ein relevantes Verfahren sein kann.
Technische Ausfälle und Versagen der Infrastruktur: Ein robustes Notfallkonzept berücksichtigt auch Gefahren durch technische Störungen – z. B. längerer Stromausfall, Ausfall der Zutrittskontrolle oder des IT-Systems. Solche Ereignisse sind zwar kein „Notfall“ im klassischen Sinne von Feuer oder Gewalt, können aber erhebliche Sicherheitsprobleme verursachen (etwa wenn Türschlösser offen stehen oder die Beleuchtung ausfällt). Der Schulungsplan sollte vorsehen, dass Wachpersonal für solche Lagen Notfallprozeduren hat und diese geübt werden. Beispielsweise: Was tun die Sicherheitsmitarbeiter bei einem vollständigen Blackout? (Antwort: Notbeleuchtung prüfen, empfindliche Bereiche verstärken, ggf. Personen aus steckengebliebenen Aufzügen retten mit Hilfe von Technikern etc.) Wie verhalten sie sich bei Ausfall der Alarmanlage? (Antwort: verstärkte Streifen, manuelle Alarmierung gewährleisten, bis das System läuft.) Solche Szenarien kann man gut in Tischübungen (Planspielen) durchspielen, um das Entscheidungsverhalten zu testen. Indem Bieter diese „Business-Continuity“-Aspekte einbeziehen, zeigen sie ihr Verständnis für die Gesamtbetriebs-Sicherheit.
Kommunikationsausfälle: In engem Zusammenhang steht das Szenario eines Ausfalls von Kommunikationsmitteln – z. B. wenn während eines Notfalls die Funkgeräte, Telefone oder die Lautsprecheranlage nicht funktionieren. Die Sicherheitsmannschaft braucht hier Ersatzstrategien (Boten schicken, Megaphon nutzen, direkte Zurufe etc.). Ein Training sollte diese Möglichkeit abdecken, etwa durch eine Übung, bei der die Annahme ist: „Funk ausgefallen – wie koordiniert sich das Team jetzt?“ Ziel ist, dass sich die Mitarbeiter im Ernstfall auch ohne die gewohnte Technik verständigen können (z. B. Treffpunkte vereinbaren, Läufer einsetzen). Zwar gibt es hierfür selten formale Drills, aber in einer umfassenden Planung sollte es zumindest besprochen und im Rollenspiel geübt werden.
Objektspezifische Risiken (optional): Neben den oben genannten Grundszenarien muss der Trainingsplan an die individuellen Risiken des jeweiligen Standorts angepasst sein. Beispiele: In einem Chemiebetrieb sollten Übungen zu Gefahrgut-Leckagen und entsprechender Erster Hilfe (Augendusche, Notdusche, Dekontamination) enthalten sein. An einem Standort mit erhöhter Konfliktgefahr (z. B. Behördengebäude, Gerichte) könnten Szenarien zu Protesten oder Angriffen auf Mitarbeiter (Stichwort „aggressive Besucher“) eingeplant werden. Ein Krankenhaus wiederum hätte spezifische Notfallprozesse für Patienten-Evakuierung, die das Sicherheits- und Empfangspersonal kennen muss. Wenn sich das Objekt in einem hochwassergefährdeten Gebiet befindet, wäre eine Hochwasser- bzw. Evakuierungsübung relevant. Selbst die Nähe zu einem Flughafen (Flugzeugabsturzszenario) oder zu einem Industriepark (Giftgasalarm) könnte ein ungewöhnliches, aber wichtiges Szenario darstellen. Je passgenauer der Bieter die Szenarien auf die Gegebenheiten abstimmt, desto besser: Wie ein Sicherheitsberater treffend formulierte, müssen auch die scheinbar undenkbaren Ereignisse („Das passiert bei uns doch nie“) in die Notfallplanung einbezogen werden. Bieter, die in ihrem Plan zusätzliche, vom Kundenprofil diktierte Lagen berücksichtigen, demonstrieren Professionalität. Umgekehrt sollten Angebote, die offensichtliche Objektrisiken ignorieren, schlechter bewertet werden. Wichtig ist auch die Erfüllung von etwaigen branchenspezifischen Vorschriften – z. B. muss ein Betreiber einer Kernanlage bestimmte Notfallszenarien wie Reaktorschnellabschaltung oder Strahlenunfall üben, was vom Sicherheitsdienst unterstützend begleitet werden sollte.
Durch das Fordern einer Abdeckung dieses Spektrums an Notfällen stellt die Vergabestelle sicher, dass der letztlich ausgewählte Sicherheitsanbieter sein Personal auf alle relevanten Vorfälle vorbereitet – nicht nur auf Alltagsereignisse. Es zwingt die Bieter auch dazu, sich bereits in der Angebotsphase intensiv mit dem spezifischen Gefahrenprofil des Auftraggebers zu beschäftigen, was zu realistischeren und sichereren Sicherheitskonzepten führt. Dabei sollte beim Vergleichen der Angebote auf Vollständigkeit geachtet werden: Ein vorgeschlagener Trainingsplan, der sowohl allgemeine Notfälle als auch objektspezifische Bedrohungen abdeckt, wird wahrscheinlich zu einem Sicherheitsteam führen, das im Ernstfall souverän agiert.
Ausbildungs- und Übungsmethoden
Wie das Training durchgeführt wird, ist ebenso wichtig wie was trainiert wird. Ein effektiver Notfallübungs- und Schulungsplan sollte eine Vielzahl von Methoden einsetzen, um sowohl theoretisches Verständnis als auch praktische Fertigkeiten zu vermitteln.
Bieter sollten in ihrem Konzept eine Mischung aus Lehrmethoden aufzeigen, zum Beispiel:
Tabletop-Übungen (Planspiele): Dies sind diskutierende Übungen, in denen ein Szenario am „runden Tisch“ durchgespielt wird. Schlüsselpersonen (Sicherheitsleiter, Facility Manager, Vertreter des Auftraggebers etc.) kommen zusammen und besprechen Schritt für Schritt, was sie in einer simulierten Notlage tun würden. Beispielsweise könnte der Übungsleiter sagen: „Es ist 3 Uhr nachts, der Feueralarm im 10. Stock schlägt an – was tun Sie?“, und jeder Beteiligte erläutert seine Entscheidungen. Tabletop-Übungen eignen sich hervorragend, um Entscheidungsprozesse und Rollenverständnis zu schulen, ohne den Geschäftsbetrieb zu stören. Sie erlauben es den Teilnehmern, im Rollenspiel die Alarmierungskette, die Kommunikation und die Koordination durchzugehen. In Deutschland spricht man hierbei vom “fiktiven Notfallszenario im Trockendock”, bei dem der Notfall beschrieben wird, ohne ihn real auszulösen. Im Fokus steht das Gespräch zwischen den verantwortlichen Personen und das gedankliche Durchspielen der Lage – die gewonnenen Erkenntnisse (Reaktionszeiten, Entscheidungen, Gegenmaßnahmen) werden anschließend mit dem Notfallteam reflektiert. Der Trainingsplan sollte angeben, welche Szenarien auf diese Weise (statt als Live-Drill) behandelt werden – etwa komplexe Lagen wie Bombendrohungen oder IT-Ausfälle, wo das Hauptaugenmerk auf der richtigen Entscheidungsfindung liegt. Solche Übungen schaffen ein gemeinsames Verständnis und können später durch Realübungen verifiziert werden.
Vollständige praktische Übungen (Live Drills): Dies sind praxisnahe Simulationen, bei denen Alarme tatsächlich ausgelöst werden und die Teilnehmer physisch die Reaktionsmaßnahmen durchführen – z. B. das Gebäude wirklich verlassen, Türen verriegeln, Verletzten-Darsteller versorgen etc. Live-Übungen sind entscheidend, um eine echte Einsatzbereitschaft aufzubauen, denn sie testen, ob Menschen unter Druck richtig handeln und ob die Verfahren in realen Bedingungen funktionieren. Der Schulungsplan sollte koordinierte Einsatzübungen für wesentliche Szenarien wie Feuer oder Amok vorsehen. Ein Beispiel: Bei einer Feuerübung wird ein Brandalarm (nach Vorankündigung oder auch unangekündigt) ausgelöst, alle Sicherheitsmitarbeiter müssen ihre vordefinierten Aufgaben ausführen – die einen räumen die Stockwerke, andere übernehmen die Steuerzentrale, wieder andere empfangen die Feuerwehr – und im Idealfall wirkt auch das übrige Personal (Brandschutzhelfer, Evakuierungshelfer) mit. Solche Übungen sind aufwändig und manchmal störend für den Betrieb, weshalb sie meist jährlich oder halbjährlich stattfinden. Ihr Realitätsgrad ist jedoch unersetzlich: Wie ein britischer Sicherheitsdienst feststellt, lassen physische Übungen die Pläne lebendig werden und stellen sicher, dass alle Mitarbeiter Fluchtwege und Notfallmaßnahmen tatsächlich praktisch kennen. Gute Übungspläne sehen vor, solche Drills unter realistischen Bedingungen abzuhalten. In der Praxis bedeutet das in Deutschland oft, dass Evakuierungsübungen unangekündigt erfolgen und Übungsbeobachter für verschiedene Bereiche eingeteilt werden, die das Geschehen still beobachten und auf vorbereiteten Vordrucken ihre Wahrnehmungen notieren. Ein Bieter kann hier Pluspunkte sammeln, wenn er beschreibt, dass er beispielsweise pro Etage einen Beobachter abstellt und die Übung ohne Vorwarnung (aber sicher) durchführt – denn so kommt man den Ernstfallbedingungen am nächsten. Anhand von Live Drills lässt sich feststellen, ob Alarme überall hörbar sind, ob alle Personen sich richtig verhalten, ob Engpässe entstehen oder ob es Verhaltensfehler gibt.
Handhabung von Ausrüstung und Demonstrationen: Ein guter Ausbildungsplan stellt sicher, dass die Sicherheitskräfte praktisch mit der Notfalltechnik vertraut sind. Das bedeutet, es werden Vorführungen und Übungen zur Benutzung der vorhandenen Notfallausrüstung durchgeführt. Dazu zählen insbesondere Feuerlöscher-Übungen (das tatsächliche Löschen eines Übungsfeuers mit Feuerlöschern, wie es z. B. in der Ausbildung zum Brandschutzhelfer vorgeschrieben ist), das Bedienen von Brandmeldeanlagen (Panels, Laufkarten), der Umgang mit Funkgeräten und Lautsprecheranlagen in Notsituationen sowie die Handhabung medizinischer Geräte (AED). Der Plan sollte solche praktischen Unterweisungen auflisten. Beispielsweise könnte ein Bieter angeben, dass alle Sicherheitskräfte innerhalb der ersten 3 Monate nach Vertragsstart an einer Löschübung mit Feuerlöschern teilnehmen und den Umgang mit dem AED üben. Durch solche Angaben zeigt der Bieter, dass er Wert auf Handlungskompetenz legt, nicht nur auf Theorie. In sicherheitssensiblen Objekten kann das Equipment-Training auch spezielle Systeme umfassen – etwa das manuelle Auslösen der Druckbelüftung, Bedienung von Notstromaggregaten oder Notverriegelungssystemen. Diese Handgriffe sollten idealerweise ebenfalls geübt werden (im Rahmen von technischen Tests oder eigenen Übungen), damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt.
Rollenspiele und szenariobasierte Simulationen: Über großangelegte Drills hinaus können in Schulungen Rollenspiele eingebaut werden, um kommunikative und taktische Fähigkeiten zu üben. Ein typisches Beispiel ist das Training zur Deeskalation von Konflikten: Dabei schlüpft ein Trainer oder Kollege in die Rolle einer aggressiven oder panischen Person, während der Sicherheitsmitarbeiter versucht, die Situation zu beruhigen – dies ist nützlich sowohl im Alltag (z. B. bei aufgebrachten Gästen) als auch in Krisenmomenten. Ebenso könnte ein Szenario im Kleinen simuliert werden: Ein Trainer spielt einen unbefugten Besucher, um den Herausforderungs- und Zugriffsvorgang der Wachperson zu testen, oder markiert einen „verletzten“ Kollegen, um Erste-Hilfe-Maßnahmen realitätsnah zu üben. Der Plan sollte solche szenariobasierten Rollenspiele für entscheidende „Soft Skills“ erwähnen: Kommunikationsübungen (z. B. wie alarmiere ich über Telefon die Feuerwehr präzise?), Stressmanagement (z. B. Umgang mit panischen Menschen) und Teamkoordination (z. B. Durchsprechen, wie im Team die Aufgaben verteilt werden, wenn mehrere Vorfälle gleichzeitig passieren). Diese Simulationen erhöhen das Selbstvertrauen und die Kompetenz der Sicherheitsmitarbeiter im Umgang mit dem menschlichen Faktor während Notfällen.
Gemeinsame Übungen mit externen Einsatzkräften: Für Hochrisiko- oder komplexe Objekte kann es sehr sinnvoll sein, bei einigen Übungen externe Rettungskräfte (Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst) einzubinden. Bieter, die erwähnen, dass sie eine gemeinsame Übung mit Behörden planen (sofern vom Auftraggeber unterstützt und genehmigt), zeigen besonderen Einsatz. In Deutschland haben manche Sicherheitsunternehmen Kooperationsvereinbarungen mit der örtlichen Feuerwehr oder Polizei, um jährlich gemeinsame Übungen – vor allem in kritischen Infrastrukturen – abzuhalten. Der Vorteil ist beidseitig: Das Sicherheitspersonal lernt, nahtlos mit den öffentlichen Kräften zusammenzuspielen, und die externen Helfer lernen das Objekt kennen. Ein Bieter könnte zum Beispiel vorschlagen, einmal pro Jahr eine Vollübung mit Beteiligung der lokalen Feuerwehr durchzuführen. Auch wenn dies nicht immer praktikabel ist, zeigt es doch das Streben nach umfassender Vorbereitung. Selbst wenn Externe nicht physisch teilnehmen, sollte der Plan zumindest festhalten, dass die internen Notfallpläne mit den Behörden abgestimmt und geteilt werden und dass das Sicherheits-Team bereits Kontakte zu lokalen Einsatzleitungen pflegt. In der Tat gilt eine bereits bestehende oder frühere Zusammenarbeit in Ausbildungs- oder Informationsprogrammen mit der Polizei oder Feuerwehr als Indikator für einen qualitätsbewussten Sicherheitsdienst. Ein Bieter, der nachweisen kann, dass er in der Vergangenheit gemeinsame Übungen organisiert hat (oder der zumindest eine Bereitschaftserklärung der örtlichen Feuerwehr für solche Übungen vorlegen kann), dürfte entsprechend positiv auffallen.
Es sollten die Ausbildungs- und Übungsmethoden vielfältig und praxisorientiert sein. Eine Kombination aus theoretischem Unterricht (zur Vermittlung von Prozessen) und situationsbezogenem Training (zur Einübung der Umsetzung) ist ideal. Bei der Bewertung der Angebote sollten diejenigen Bieter bevorzugt werden, die sich zu beidem verpflichten – z. B. „Wir führen vierteljährlich eine Tischübung und halbjährlich eine Vollübung mit Evakuierung durch; zusätzlich monatliche Kurzschulungen zu wechselnden Notfallthemen.“ So wird sichergestellt, dass das Sicherheitsteam nicht nur Handbücher liest, sondern aktiv in realitätsnahen Settings übt. Die Angebotsbeschreibung sollte die dahinter stehende Philosophie erkennen lassen: „Train as you fight“ – also unter möglichst realistischen (kontrollierten) Bedingungen üben, damit im echten Notfall die Reaktion automatisiert, zügig und abgestimmt abläuft.
Auswertung, Dokumentation und kontinuierliche Verbesserung
Ein Notfallübungs- und Schulungsplan sollte ein dynamisches Programm sein – eines, das das Personal nicht nur schult, sondern auch aus jeder Übung lernt und immer besser wird. Daher muss die Ausschreibung von den Bietern verlangen darzustellen, wie sie jede Übung und Schulung dokumentieren, die Leistung auswerten und für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess sorgen – sowohl bezüglich der Fähigkeiten des Sicherheitsteams als auch der Notfallprozesse selbst.
Wichtige Aspekte sind:
Übungs- und Schulungsberichte: Nach jeder durchgeführten Übung (und größeren Schulungsmaßnahmen) sollte der Sicherheitsdienst einen Bericht erstellen, der die Details festhält. Mindestens sollte dieser Bericht das Szenario der Übung, das Datum und die Uhrzeit, die Teilnehmer (anwesende Sicherheitsmitarbeiter, ggf. andere Beteiligte) und den Ablauf der Übung dokumentieren. Ebenso gehören Beobachtungen zu eventuellen Abweichungen oder besonderen Vorkommnissen hinein. Beispielsweise: Wie lange dauerte die Evakuierung? Gab es Schwierigkeiten an bestimmten Ausgängen? Haben alle Mitarbeiter den Alarm gehört und richtig reagiert? Wurden die vordefinierten Aufgaben (z. B. „Bereich XY kontrollieren“) erfüllt? – all das sollte festgehalten werden. Die Vergabestelle kann von den Bietern verlangen, eine Muster-Vorlage eines Übungsprotokolls beizufügen oder zumindest den geplanten Inhalt solcher Berichte zu beschreiben. Eine lückenlose Dokumentation ist entscheidend für Nachvollziehbarkeit und Lerneffekte. In der Praxis wird nach einer Evakuierungsübung z. B. dokumentiert, ob die Alarmierung funktionierte, ob alle Personen die Sammelstelle erreicht haben und ob Mitarbeiter gab, die den Anweisungen nicht gefolgt sind. Solche Informationen sind Gold wert für Verbesserungen hinterher.
Leistungsbewertung (KPIs): Der Plan sollte erklären, wie die Leistung der Übungsteilnehmer beurteilt wird. Das kann sowohl qualitativ (Einhaltung der Abläufe, gezeigtes Führungsverhalten, Klarheit der Kommunikation) als auch quantitativ (Reaktionszeiten, Evakuierungsdauer, Anzahl der Fehler) erfolgen. Viele Unternehmen nutzen dafür Checklisten oder Scorecards. Zum Beispiel könnte eine Checkliste für eine Brandschutzübung beinhalten: Wurde der Alarm sofort ausgelöst? Haben alle anwesenden Personen den Alarm bemerkt? Wussten alle, wohin sie gehen müssen? Wurde der Evakuierungsbereich vollständig geräumt? etc.. Die Bieter sollten angeben, dass sie solche Bewertungsinstrumente einsetzen und die Ergebnisse im Zeitverlauf verfolgen. Kontinuierliche Verbesserung bedeutet, man misst den Status quo und setzt Ziele. Ein guter Plan könnte z. B. ausweisen: „Wir definieren Zielzeiten für die Evakuierung und messen diese bei jeder Übung. Erreichen wir das Ziel nicht, werden zusätzliche Maßnahmen ergriffen.“ oder „Wir bewerten nach jeder Übung auf einer Skala von 1–5 die Reaktion in Kategorien wie Alarmierung, Durchführung, Zusammenarbeit und leiten daraus einen Score ab.“ Wichtig ist, dass ein systematisches Feedback erfolgt statt bloßem „Übung erledigt“-Haken.
Lessons Learned und Korrekturmaßnahmen: Das vielleicht wichtigste Ergebnis jeder Übung sind die gewonnenen Erkenntnisse (Lessons Learned). Der Trainingsplan sollte ausdrücklich vorsehen, dass sogenannte After-Action-Reviews oder Nachbesprechungen stattfinden. In der Praxis bedeutet das: Direkt nach der Übung trifft sich der Sicherheitsverantwortliche mit dem Team (und idealerweise einem Vertreter des Auftraggebers, z. B. Sicherheitsbeauftragter), um zu diskutieren, was gut lief und was nicht. Alle identifizierten Schwachstellen (z. B. „Funkprobleme im Keller“, „Mitarbeiter A kannte den zweiten Fluchtweg nicht“, „Tür XY klemmte“) müssen notiert werden, und es muss ein Maßnahmenplan zur Behebung erstellt werden. Bieter sollten versichern, dass sie nach jeder Übung die Verfahren aktualisieren bzw. ihr Personal nachschulen, falls Mängel aufgedeckt wurden. Ein Beispiel: Falls eine Übung zeigt, dass ein bestimmter Wachmann unsicher im Umgang mit der Brandmeldezentrale war, muss die Maßnahme sein, ihn (und evtl. weitere Kollegen) umgehend nachzuschulen. Der Plan kann auch erwähnen, dass diese Lessons Learned in die Aktualisierung der Standardarbeitsanweisungen (SOPs) und Notfallpläne einfließen. Kontinuierliche Verbesserung bedeutet zudem, künftige Übungen ggf. genau auf jene Aspekte auszurichten, die zuvor problematisch waren (z. B. nächstes Mal gezielt eine Funkloch-Situation üben, wenn der Funkverkehr ein Problem darstellte). Ziel ist, einen Kreislauf aus Plan – Do (Üben) – Check (Auswerten) – Act (Verbessern) zu etablieren.
Dokumentation und Aufzeichnungen: Die Ausschreibung sollte festlegen, dass alle Aufzeichnungen zu Trainings und Übungen geführt und dem Auftraggeber auf Wunsch vorgelegt werden müssen. Bieter sollten bestätigen, dass sie Teilnehmerlisten für jede Schulung/Übung führen (damit der Kunde sieht, wer welche Unterweisung erhalten hat – wichtig auch für die Erfüllung von z. B. Unfallkassenauflagen). Übungsberichte, Schulungszertifikate und etwaige Zwischenfallprotokolle sind ordnungsgemäß zu archivieren. In der deutschen Praxis ist die Dokumentation von Evakuierungsübungen in einem offiziellen Protokoll (ggf. inklusive Nennung von Personen, die sich falsch verhielten) sogar explizit vorgesehen. Solche Aufzeichnungen dienen nicht nur der Compliance (etwa bei Betriebsbegehungen oder Audits der Berufsgenossenschaft), sondern ermöglichen dem Auftraggeber auch, sich vom Fleiß und der Sorgfalt des Dienstleisters zu überzeugen.
Zugriff des Kunden und Einbindung: Der Plan sollte aufzeigen, wie der Auftraggeber in die Trainings und Übungen eingebunden oder zumindest informiert wird. Idealerweise wird der Sicherheitsdienst Übungspläne vorab mit dem Auftraggeber abstimmen (zur Genehmigung und Koordination) und Übungsberichte nachher zur Verfügung stellen. Auftraggeber können sogar an den Nachbesprechungen teilnehmen, falls gewünscht. Diese Transparenz schafft Vertrauen – der Kunde sieht, dass der Dienstleister das Thema ernst nimmt, und kann mit seinem Objektwissen zur Auswertung beitragen. Beispielsweise könnte der Sicherheitsbeauftragte des Kunden bei der Evakuierungsübung als Beobachter mitwirken und den Bericht mitunterzeichnen bzw. ergänzen. In der Ausschreibung kann besonders honoriert werden, wenn Bieter proaktive Kommunikationsangebote machen, z. B. monatliche Reports über absolvierte Trainings oder rechtzeitige Ankündigungen der nächsten Übungen. Letztlich möchte der Auftraggeber die Gewissheit, dass das vereinbarte Training tatsächlich stattfindet und effektiv ist.
Integration von echten Ereignissen: Über die planmäßigen Übungen hinaus sollten auch reale Zwischenfälle, falls sie auftreten, in den Lernprozess einbezogen werden. Der Schulungsplan kann erwähnen, dass bei tatsächlichen Notfällen oder Beinahe-Unfällen auf dem Gelände eine interne Nachbesprechung erfolgt und ggf. eine außerplanmäßige Übung angesetzt wird, um eventuelle neue Erkenntnisse zu verarbeiten. Dies zeigt einen proaktiven und reaktionsschnellen Ansatz – der Dienstleister lernt nicht nur aus Übungen, sondern auch aus der Realität und passt sein Vorgehen entsprechend an.
Im Kern sorgt dieser Abschnitt des Plans dafür, dass das Training nicht statisch bleibt, sondern einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess unterliegt. Die regelmäßige Auswertung von Übungen hilft, Stärken und Schwächen in den Notfallprotokollen zu identifizieren und entsprechend nachzusteuern. Über die Vertragslaufzeit hinweg sollte idealerweise ein messbarer Fortschritt erkennbar sein – z. B. kürzere Evakuierungszeiten oder weniger Fehler bei Alarmtests. Dies ist jedoch nur möglich, wenn jede Übung analysiert und die Ergebnisse in Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt werden. Ein Sicherheitsunternehmen merkte treffend an, dass Nachbesprechungen nach Übungen entscheidend sind, um Erfolge und Verbesserungsbedarf zu identifizieren und dadurch die Sicherheitsmaßnahmen laufend zu verfeinern. Die Vergabestelle könnte sogar Beispiele für die kontinuierliche Verbesserung einfordern (etwa Referenzen, bei denen ein Bieter darlegen kann, wie seine Schulungen über die Zeit zu besseren Ergebnissen geführt haben). Letztlich wird ein Sicherheitsanbieter, der einen Zyklus aus Schulung, Evaluierung und Optimierung pflegt, weitaus eher in der Lage sein, die Umgebung des Kunden sicher und vorschriftenkonform zu halten.
Schulungsinhalte im Curriculum
Welche konkreten Kenntnisse und Fähigkeiten sollte das Sicherheitspersonal besitzen, um Notfälle zu bewältigen? Der Notfallübungs- und Schulungsplan sollte das Lehr- und Übungscurriculum der Sicherheitskräfte aufführen. Dies stellt sicher, dass die Wachleute zu vielseitigen Ersthelfern und Krisenmanagern ausgebildet werden.
Verpflichtende Themen (insbesondere im deutschen Kontext und allgemein bei hochwertigen Sicherheitsdienstleistungen) sind unter anderem:
Brandschutz und Evakuierungsleitung: Das Sicherheitspersonal muss in Grundlagen des vorbeugenden Brandschutzes geschult sein: Bedienung von Feuerlöschern, Kenntnis der Brandmeldeanlage, Aufbau von Brandschutzeinrichtungen wie Rauchabzügen etc. Insbesondere sollten alle Wachleute im Objekt die lokalen Brandbekämpfungsmittel kennen und wissen, wie ein Entstehungsbrand bekämpft wird (falls möglich). In der Praxis wird vielerorts erwartet, dass Sicherheitsmitarbeiter zu Brandschutzhelfern ausgebildet sind, was einen Lehrgang über Brandtheorie und Löschübungen einschließt. (Gemäß ASR A2.2 und DGUV-I 205-023 müssen Unternehmen ab dem ersten Beschäftigten einen Brandschutzhelfer stellen, empfohlen werden 5–10% der Mitarbeiter.) Ein Bieter sollte also angeben, dass ein Großteil seiner eingesetzten Kräfte über die Brandschutzhelfer-Ausbildung verfügt bzw. diese zeitnah erhält. Ebenso wichtig ist die Befähigung zur Evakuierungsleitung: Die Mitarbeiter müssen lernen, im Alarmfall Anwesende anzuleiten, Gebäudeflügel systematisch zu räumen, Räume abzusuchen und den Überblick zu behalten, wer sich wo befindet. Falls vorhanden, sollten sie mit dem Evakuierungsstabsraum oder der Feuerwehrlaufkarte vertraut sein. Dieses Thema ist integraler Bestandteil der meisten Notfallübungen und muss im Curriculum prominenten Platz einnehmen.
Erste Hilfe, CPR und AED-Anwendung: Wie bereits erwähnt, fungieren Sicherheitsmitarbeiter oft als betriebliche Ersthelfer. Daher muss das Curriculum eine umfassende Erste-Hilfe-Ausbildung beinhalten: von lebensrettenden Sofortmaßnahmen (stabile Seitenlage, Reanimation) bis zur Wundversorgung und Schockbekämpfung. Speziell die Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW/CPR) und der Einsatz eines Automatischen Externen Defibrillators (AED) sind zu trainieren. Gesetzlich ist vorgeschrieben, dass in Betrieben ab zwei Beschäftigten Ersthelfer vorhanden sein müssen (i. d. R. 5% der Beschäftigten in Verwaltungsbereichen, 10% in Produktion). Sicherheitsdienste müssen demnach in der Lage sein, diese Quote abzudecken – idealerweise hat jeder Wachmann, der alleine im Objekt tätig ist, eine Ersthelfer-Ausbildung. Das Curriculum sollte daher zwingend vorsehen, dass das Personal an Grundkursen und Auffrischungskursen in Erste Hilfe teilnimmt (in Deutschland alle 2 Jahre). Darüber hinaus kann – je nach Objekt – eine erweiterte medizinische Schulung sinnvoll sein (z. B. Umgang mit Blutungen, Trauma-Versorgung), etwa in Chemiewerken oder bei Veranstaltungen. Ohne Frage ist Erste Hilfe ein Pflichtbaustein der Ausbildung; fehlt seine Nennung im Angebot, sollte dies ein k. o.-Kriterium sein.
Alarmierungs- und Kommunikationsprotokolle: Die Sicherheitskräfte müssen wissen, wie sie bei verschiedenen Alarmen korrekt reagieren und kommunizieren. Das beinhaltet die Kenntnisse der Standard-Prozeduren für Brandalarm, Überfall-/Einbruchalarm, medizinischen Notruf usw. und vor allem die sichere Beherrschung der Kommunikationsmittel unter Stress. Die Ausbildung sollte die Nutzung aller relevanten Kanäle abdecken: vom Absetzen des Notrufs per Telefon (112/110) über das Durchsagen per Lautsprecheranlage bis zur internen Kommunikation via Funk oder digitalen Alarmierungssystemen. Wichtig ist hier auch die Vermittlung, welche Informationen in welcher Reihenfolge zu übermitteln sind (z. B. bei einem Notruf an die Feuerwehr: Wer ruft an, Was ist passiert, Wo, Wie viele Betroffene, Warten auf Rückfragen). Leitstellenpersonal muss geschult werden, Notrufe entgegenzunehmen und interne Alarme auszulösen, während die Kollegen vor Ort lernen, lagegerecht über Funk zu kommunizieren. Das Curriculum sollte also Module zur Notfall-Kommunikation enthalten – idealerweise mit praktischen Sprechübungen und Szenarien, in denen mal das Telefon, mal der Funk „ausfällt“, um alternative Kommunikationswege zu testen. Das Ziel ist, dass im Ernstfall klare, ruhige und zielgerichtete Kommunikation erfolgt, da dies für die Effektivität der gesamten Reaktion ausschlaggebend ist.
Deeskalation und Panikvermeidung: In Krisensituationen besteht die Gefahr von Panikreaktionen. Sicherheitsmitarbeiter sollen hier als Ruhepol agieren und helfen, Chaos zu verhindern. Daher ist eine Schulung in psychologischen Fertigkeiten wichtig – insbesondere in Konfliktmanagement und Deeskalation. Der Plan sollte Konflikt- und Deeskalationstraining als festen Bestandteil ausweisen. Darin lernen die Mitarbeiter z. B., aggressivem Verhalten mit Ruhe und bestimmten Gesprächstechniken zu begegnen, Körpersprache und Tonfall kontrolliert einzusetzen, sowie einfache aber wirkungsvolle Maßnahmen zur Entschärfung von Spannungen. Ebenso gehört dazu, in Notfällen panische oder verängstigte Personen beruhigen zu können – etwa durch Ansprechen, Anleiten („Bitte folgen Sie mir, es besteht keine Gefahr, wenn Sie ruhig bleiben…“), gegebenenfalls auch durch gezieltes Anpacken (im Notfall) oder die Aufteilung einer großen Menschenmenge in kleinere Gruppen. All das kann mittels Rollenspielen geübt werden. Wachleute lernen so, in Ausnahmesituationen Geduld zu bewahren und Autorität auszustrahlen, ohne Öl ins Feuer zu gießen. Diese Soft Skills sind schwer zu messen, aber unheimlich wichtig: Ein geschulter Sicherheitsmitarbeiter kann z. B. verhindern, dass beim Feueralarm Panik ausbricht, indem er laut und bestimmt, aber ruhig die Anweisungen gibt und auf einzelne Verunsicherte eingeht.
Zusammenarbeit mit öffentlichen Einsatzkräften: Das Sicherheits-Team arbeitet im Ernstfall nicht isoliert – bei ernsthaften Vorfällen übernehmen Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei das Kommando. Deshalb muss im Curriculum verankert sein, wie die Sicherheitskräfte mit den professionellen Rettungskräften kooperieren. Das umfasst zum einen das Verständnis der behördlichen Einsatzstrukturen (z. B. Führungsstellen, Einsatzleiter der Feuerwehr, Polizeiführer) und zum anderen ganz praktische Punkte: Wo weist man die Feuerwehr ein? Wie übergibt man Lageinformationen (z. B. welche Bereiche bereits geräumt sind, wo sich noch Personen befinden)? Wie stellt man dem Notarzt Zugang bereit? Die Schulung sollte daher solche Schnittstellen behandeln. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, das Sicherheitspersonal in das örtliche Alarmierungssystem einzubinden oder an gemeinsamen Workshops mit der Feuerwehr teilhaben zu lassen. Oft beschränkt es sich aber darauf, intern zu trainieren, dass z. B. bei einem Feueralarm immer ein Mitarbeiter vor dem Gebäude die Feuerwehr erwartet und einweist oder bei Eintreffen der Polizei diese sofort mit den nötigen Schlüsseln/Plänen versorgt wird. Ein weiterer Aspekt ist die Beweissicherung und Unfallaufnahme: Die Sicherheitskräfte sollten wissen, dass sie Tatorte sichern müssen, bis die Polizei es übernimmt, oder Verletzte nicht bewegen sollen, außer Gefahr ist im Verzug. Das Curriculum muss also sicherstellen, dass die Wachleute ihre Rolle bis zur Übergabe an die staatlichen Kräfte kennen und dann in unterstützender Funktion weiterhelfen. Kurzum: Wie interagiert man mit den Profis, um gemeinsam die Lage zu bewältigen? – das ist die Kernfrage dieses Themenblocks.
Kundenspezifische Notfallprotokolle: Jeder Auftraggeber hat meist eigene Regelungen zur Eskalation und Informationskette im Notfall. Der Sicherheitsdienst muss diese strikt einhalten. Daher muss das Ausbildungscurriculum auch die objektspezifischen Abläufe abdecken. Beispielsweise könnte ein Unternehmen vorschreiben, dass bei jedem Notfall zunächst die unternehmensinterne Krisenhotline informiert wird, bevor externe Stellen alarmiert werden – oder umgekehrt. Oder es gibt interne Meldeformulare, die ausgefüllt werden müssen. Ebenso existieren oft Objekt-spezifische Pläne, wie etwa eine Brandschutzordnung (Teil C nach DIN 14096) oder ein Räumungskonzept. Die Sicherheitskräfte müssen mit diesen Dokumenten vertraut gemacht werden. Bieter sollten also angeben, dass sie ihr Personal bei Einsatzbeginn auf die konkreten Notfall- und Alarmpläne des Kunden schulen. Sollte das Objekt z. B. über eine Werkfeuerwehr oder einen internen Krisenstab verfügen, muss geklärt sein, wie der Sicherheitsdienst dort eingebunden wird (Alarmierung dieser Stellen, Teilnahme an deren Übungen etc.). Hier geht es darum, dass das Sicherheits-Team integraler Bestandteil der betrieblichen Notfallorganisation des Kunden wird. Das Curriculum sollte diesen Brückenschlag leisten – also spezifische Anweisungen des Auftraggebers (Notfallordner, Alarm- und Gefahrenabwehrplan) in die Ausbildung integrieren und den Mitarbeitern regelmäßig in Erinnerung rufen.
Meldung und Dokumentation von Vorfällen: Ein oft übersehener, aber äußerst wichtiger Punkt ist die korrekte Dokumentation von Notfällen. Die Schulung muss gewährleisten, dass Sicherheitsmitarbeiter in der Lage sind, nach einem Vorfall einen klaren, sachlichen Bericht zu schreiben und während des Vorfalls wichtige Daten zu notieren. Dies ist für spätere Analysen, Versicherungsfragen oder Ermittlungen relevant. Daher sollte das Curriculum auch ein Modul zur Berichtserstattung enthalten: Wie schreibe ich einen Vorfallbericht? Welche Details gehören hinein (wer, was, wann, wo, wie)? Wie fertige ich ggf. ein Foto- oder Video-Protokoll an? Ebenso sollten sie lernen, während eines längeren Ereignisses ein Ereignisprotokoll zu führen – also fortlaufend Zeiten und Maßnahmen zu notieren. Das mag wie bürokratischer Ballast erscheinen, aber im Ernstfall ist es Gold wert, um hinterher den Ablauf zu rekonstruieren und aus Fehlern zu lernen. Bieter, die erwähnen, dass sie ihr Personal im „Reporting“ und der Dokumentation schulen, zeigen, dass sie das komplette Notfallmanagement im Blick haben.
Neben diesen obligatorischen Themen könnten fortschrittliche Auftraggeber auch Wert auf optionale Zusatzthemen legen, wie:
Geiselnahme- oder Amok-Training: Dies ist sehr spezialgelagert, aber in Zeiten erhöhter Terrorgefahr nicht unüblich für sensible Bereiche. Zwar wird ein durchschnittlicher Wachmann kein Verhandler, aber ein Grundverständnis, wie man sich bei Geiselnahmen verhält (z. B. keine Alleingänge, Kommunikation, psychologische Aspekte) kann Teil eines anspruchsvollen Curriculums sein. Bei Amokläufen könnten fortgeschrittene Techniken (z. B. räumliches Orientierungsbewusstsein bei Schüssen, mögliche Flucht- oder Verteidigungstaktiken) geschult werden, natürlich immer unter Beachtung der eigenen Sicherheit.
Evakuierungshilfe für Menschen mit Behinderung: Eine wirklich umfassende Notfallplanung berücksichtigt auch den Schutz von Menschen mit eingeschränkter Mobilität oder anderen Behinderungen. Sicherheitsmitarbeiter sollten z. B. trainiert werden, wie man Rollstuhlfahrer mit Evakuierungsstühlen über Treppen bringt, wie man Blinden oder Hörgeschädigten in Notlagen hilft (z. B. durch Berührung/Begleitung statt Zurufen), oder welche Kollegen auf Unterstützung angewiesen sind. Das kann im Training beispielsweise durch Simulationsübungen geschehen (ein MA spielt einen Gehbehinderten, und ein anderer übt den Transport). Angesichts der Inklusion ist dies ein Zeichen moderner Sicherheitsschulung. Besonders wenn der Auftraggeber solche Fälle im Betrieb hat, sollte der Bieter dies im Plan erwähnen.
Mehrsprachige Kommunikation im Notfall: In internationalen Unternehmen oder öffentlichen Einrichtungen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass im Notfall auch Fremdsprachige anwesend sind. Es kann daher sinnvoll sein, das Sicherheitspersonal zumindest auf Englisch (oft Unternehmenssprache) unterweisen zu lassen, wie man grundlegende Anweisungen gibt („Please stay calm and follow me“ etc.). Einige Sicherheitsfirmen bieten explizite Security-English-Kurse an. Zwar ist dies kein Muss in jeder Situation, aber gerade an Flughäfen, Bahnhöfen, Hotels etc. absolut relevant. Ein Bieter, der auf die Fremdsprachenkompetenz seiner Mitarbeiter eingeht (oder Schulungen hierzu anbietet), kann sich positiv abheben.
Für die Vergabestelle kommt es darauf an, dass die Schulungsthemen sowohl gesetzliche Anforderungen als auch das Risikoprofil des Objekts abdecken. Zum Beispiel verlangen deutsche Vorschriften und die DGUV, dass eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitern in Erster Hilfe und Brandschutz unterwiesen ist – der Sicherheitsdienst muss dazu beitragen, diese Vorgaben zu erfüllen. Falls ein Angebot etwas fundamental Wichtiges auslässt (z. B. keine Erwähnung von Erste-Hilfe-Schulung), deutet das auf ein geringes Sicherheitsniveau hin. Im Gegensatz dazu signalisiert eine Liste umfangreicher Themen (wie oben aufgeführt) einen ganzheitlichen Ansatz. Viele renommierte Sicherheitsunternehmen werben damit, dass ihre Aus- und Weiterbildung eine Vielzahl von Themen umfasst, darunter „Sicherheitskonzepte, Deeskalationstechniken, Erste Hilfe, Brandschutz und Notfallmanagement“ – ein Bieter, der solche Bereiche abdeckt, wird sein Personal entsprechend effektiv einsetzen können.
Es sollte das Curriculum die Wachleute mit technischen Fertigkeiten (Brandbekämpfung, Erste Hilfe, Anlagenbedienung) und mit sozialen Kompetenzen (Kommunikation, souveränes Handeln unter Stress) ausstatten. Da Notfälle ein Zusammenspiel aus Wissen, körperlichem Handeln und emotionaler Intelligenz erfordern, ist die Bandbreite des Schulungsplans ein Indikator dafür, wie gut das Sicherheits-Team im Ernstfall agieren kann.
Bewertungskriterien im Ausschreibungsprozess
Damit die Notfallübungs- und Schulungspläne der Bieter im Auswahlverfahren gebührend berücksichtigt werden, sollten in der Ausschreibung spezifische Bewertungskriterien und Gewichtungen dafür festgelegt werden. Indem man der Qualität des Notfallkonzepts in der Punktebewertung einen hohen Stellenwert einräumt, stellt die Vergabestelle sicher, dass die Bieter motiviert sind, ein ausgereiftes Konzept vorzulegen (statt es als lästige Pflichtübung abzutun). Ein möglicher Ansatz ist die Verwendung einer Bewertungsmatrix mit mehreren Unterkriterien unter der Hauptkategorie „Notfallübungs- und Schulungskonzept“.
Ein Beispiel für eine solche Matrix ist:
Bewertungsbereich | Indikatoren |
---|---|
Relevanz der Szenarien | Adressiert der Plan die spezifischen Gefahren des Standorts? Wurden alle objektrelevanten Bedrohungen berücksichtigt (z. B. besondere lokale Risiken)? Sind die Szenarien auf Basis einer Risikoanalyse ausgewählt und nachvollziehbar begründet? |
Qualität der Ausbildung | Wie hochwertig sind die vorgesehenen Trainingsmaßnahmen? Wird mit zertifizierten Ausbildern oder etablierten Schulungsprogrammen gearbeitet? Werden realistische Übungen (Live Drills, Planspiele) eingeplant oder nur theoretische Unterweisungen? Ist erkennbar, dass der Bieter anerkannte Standards (z. B. DIN 77200) erfüllt und moderne Ausbildungsmethoden nutzt? |
Häufigkeit und Regelmäßigkeit | Ist der Schulungs- und Übungsrhythmus angemessen (z. B. jährliche Evakuierungsübung, vierteljährliche Unterweisungen)? Werden alle Schichten und Mitarbeiter erreicht (z. B. auch Nachtschichten)? Wie wird mit Personalwechsel umgegangen (Nachschulungen)? Ein guter Plan zeigt eine klare Zeitplanung für Initial- und Auffrischungstrainings. |
Evaluierungs- und Verbesserungsprozess | Enthält der Plan einen deutlichen Prozess zur Auswertung jeder Übung und zur ständigen Optimierung? Werden Erfolgskriterien genannt und ein Feedbackmechanismus beschrieben (Nachbesprechung, Bericht, Maßnahmenableitung)? Ein Plus ist ein konkretes Beispiel, wie aus einer Übung gelernt wurde. Fehlt dieser Aspekt, ist das Konzept weniger wertvoll, da ohne Feedback keine Verbesserung erfolgt. |
Erfahrung und Referenzen (Track Record) | Hat der Bieter nachweisbare Erfahrung im Bereich Notfallübungen und -schulungen? Gibt es Referenzobjekte, an denen er erfolgreich vergleichbare Trainings durchgeführt hat (z. B. gemeinsame Feuerwehrübungen, oder Zertifikate wie „Evakuierungshelfer-Ausbilder“)? Hat das Unternehmen Kooperationen mit Behörden oder nimmt es an Initiativen (z. B. regionalen Krisenmanagement-Netzwerken) teil? Werden Qualifikationen des Personals (z. B. ein Ausbilder ist Ex-Feuerwehrmann) oder Auszeichnungen (Qualitätspreis etc.) angegeben, die Vertrauen in die Umsetzung geben? |
Durch die Bewertung dieser Kriterien kann das Auswahlgremium jedem Angebot in Bezug auf das Notfallkonzept eine Punktzahl oder Qualitätsnote zuweisen. Beispielsweise könnte man jedem Bereich 0–5 Punkte geben und mit festgelegten Gewichtungen multiplizieren. In einem sicherheitskritischen Auftrag könnte man z. B. je 20% Gewicht auf diese fünf Unteraspekte legen, so dass das Notfallkonzept insgesamt 100 von 1000 möglichen Punkten ausmacht. Die genaue Gewichtung sollte die Bedeutung widerspiegeln, die der Auftraggeber dem Thema beimisst – bei einem Kernkraftwerk oder einer Chemieanlage wird man es sehr hoch gewichten, bei einer kleineren Ausschreibung vielleicht etwas niedriger, aber dennoch signifikant.
Es ist zudem ratsam, Mindestanforderungen zu definieren. Die Ausschreibung kann festlegen, dass Angebote, die keinen überzeugenden Notfallplan beinhalten, von der Wertung ausgeschlossen oder mindestens stark abgewertet werden. So könnte man z. B. schreiben: „Das Fehlen eines Notfallübungs- und Schulungskonzepts gemäß den Vorgaben führt zum Ausschluss des Angebots.“ Oder man gibt an, welche Elemente obligatorisch beschrieben sein müssen (Initialschulung, Übungsszenarien, Frequenz, Evaluierung). Dadurch wird verhindert, dass ein Bieter dieses Thema unter den Tisch fallen lässt oder nur oberflächlich behandelt.
Der Blick in die Praxis und Leitfäden bestätigt diesen Ansatz. Im europäischen Handbuch „Buying Quality Private Security Services“ wird z. B. vorgeschlagen, die Bieter schon als Eignungskriterium anzugeben, dass sie einen Ausbildungsplan vorlegen, um die Fachkunde zu belegen. Auch wird darin hervorgehoben, die Erfahrung der Bieter einzubeziehen – etwa ob das eingesetzte Personal bereits an Kooperationen mit Behörden teilgenommen hat. Tatsächlich kann die Vergabestelle in den Teilnahmebedingungen fordern, dass Bieter einschlägige Referenzen oder Zertifikate nachweisen, die ihr Training und Notfallmanagement betreffen.
Manche öffentlichen Ausschreibungen verlangen z. B. den Nachweis von DIN 77200 Zertifizierung (wo in den höheren Leistungsstufen Notfallvorsorge mit eingeht) oder ISO 22301 (Business Continuity Management) als Beleg dafür, dass der Bieter standardisi
Relevanz der Szenarien: Hier sollte das Bewertungsteam das Angebot des Bieters mit dem Gefährdungskatalog des eigenen Objekts abgleichen. Ein Spitzenreiter-Angebot deckt alle identifizierten Risiken ab und nennt vielleicht sogar welche, die dem Auftraggeber neu sind (was proaktives Denken zeigt). Ein schwaches Angebot lässt womöglich wichtige Punkte weg (z. B. bei einem Flughafen wird das Thema Flugzeugabsturz/Triebwerkbrand ignoriert); so etwas müsste entsprechend null Punkte erhalten.
Ausbildungsqualität: Das Gremium sollte auf konkrete Aussagen achten: Hat der Bieter erwähnt, wer die Schulungen durchführt (z. B. interne Trainer mit Ausbilderschein, externe Institute wie IHK etc.)? Welche Inhalte und Methoden werden genutzt (moderne Szenario-Trainings, E-Learning-Module, VR-Technik – letzteres ist in UK bspw. im Kommen)? Ein rein generisches „unser Personal wird geschult“ ohne Details sollte mit einer schlechten Note abgestraft werden. Wichtig ist auch ein Auge auf Realitätsnähe: Verspricht ein Bieter z. B. nur „jährliche Belehrungen“ statt praktischer Übungen, deutet das auf Minimalismus hin, während ein anderer konkrete Vollübungen mit realistischer Statisterie plant – letzteres wäre hoch einzustufen.
Frequenz: Hier prüft man, ob die vorgeschlagene Frequenz den branchenüblichen und gesetzlichen Anforderungen entspricht. Z. B. sollte mindestens eine Evakuierungsübung pro Jahr (besser alle 6 Monate) in größeren Objekten vorgesehen sein, und quartalsweise bzw. monatliche kleinere Übungen oder Unterweisungen. Falls ein Bieter z. B. nur alle 5 Jahre eine Übung plant, ist das unzureichend. Zudem: Deckt der Plan alle Arbeitszeiten ab? Ein guter Plan erwähnt z. B., dass auch nachts oder am Wochenende geübt wird oder man bei Schichtbetrieb mehrere Durchgänge macht, damit jeder Mitarbeiter mal dran kommt.
Evaluierung: Hier trennt sich oft die Spreu vom Weizen. Ein ausgefeilter Plan wird genau darlegen, wie die Nachbereitung erfolgt, etwa: “Nach jeder Übung findet binnen 24 Stunden eine Übungskritik mit allen Beteiligten statt, bei der anhand vordefinierter Kriterien (Alarmierungszeit, Evakuierungsdauer, Vollständigkeit der Räumung etc.) die Performance beurteilt wird. Es wird ein schriftlicher Bericht erstellt, der dem Kunden übergeben wird, inklusive Maßnahmenvorschlägen.” Ein solcher Plan verdient Bestnoten. Ein schwacher Plan erwähnt eventuell die Auswertung gar nicht oder nur in einem Nebensatz. Ohne systematische Nachbereitung kann sich kein kontinuierlicher Lernprozess etablieren – das sollte die Vergabestelle in der Bewertung berücksichtigen. Auch vorhandene Nachweise (z. B. Beispielberichte, mitgeschickte Protokolle vorheriger Übungen) könnten hier positiv in die Bewertung einfließen.
Track Record (Erfahrung): Dieser Punkt ist etwas weicher, aber dennoch wichtig. Man kann z. B. Zusatzpunkte vergeben, wenn ein Bieter nachweislich an vergleichbaren Objekten Notfallübungen durchgeführt hat oder mit Behörden kooperiert (z. B. Mitwirkung an einer Feuerwehr-Großübung als Sicherheitsdienst). Auch Zertifizierungen oder lange Marktzugehörigkeit (die Wahrscheinlichkeit, dass Routinen etabliert sind) können hier zählen. Manche Ausschreibungen fragen direkt nach „Erfahrung und Erfolgsbilanz in ähnlichen Projekten“ – beispielsweise könnte eine Frage sein: „Nennen Sie bis zu 3 Referenzprojekte, in denen Sie ein vergleichbares Notfall-Trainingskonzept umgesetzt haben.“ Die Antworten kann man qualitativ werten. Auch interne Kennzahlen der Bieter könnten interessieren, z. B. Fluktuation (ein Indikator, ob Personal lange genug bleibt, um regelmäßig geschult zu werden) oder Arbeitsschutz-Kennzahlen (etwa „Wie ist die Arbeitssicherheitspolitik des Unternehmens, sind z. B. in den letzten Jahren Unfälle passiert?“ – Indikatoren für eine Sicherheitskultur).
Durch die explizite Bepunktung dieser Faktoren wird im Vergabeprozess deutlich, dass Notfallbereitschaft ein zentrales Qualitätsmerkmal ist. Dies ermutigt die Bieter, in ihren Angeboten kreative und durchdachte Konzepte vorzulegen, anstatt lediglich den Minimalstandard zu bieten. Das Resultat ist, dass nach Zuschlagserteilung mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Sicherheitsdienst beauftragt ist, der sowohl einen Plan hat als auch die nachgewiesene Fähigkeit, diesen umzusetzen – und nicht einfach nur der billigste Anbieter, der im Ernstfall eventuell überfordert wäre. Diese Vorgehensweise hilft, Worst-Case-Szenarien zu vermeiden, in denen man erst „wenn etwas passiert“ merkt, ob die Qualität stimmt. Stattdessen wird durch passgenaue Kriterien bereits bei der Auswahl sichergestellt, dass der Sicherheitsdienstleister „Best Value“ in Form von Sicherheit und Zuverlässigkeit liefert.