Auswahl- und Zuschlagskriterien Sicherheit
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Auswahl- und Zuschlagskriterien
Unternehmen übertragen privaten Sicherheitsdiensten sehr sensible Aufgaben: Sie kontrollieren den Zutritt zu Firmengebäuden, überwachen CCTV-Kameras und Alarmanlagen, führen Besucherregister, verwahren Schlüssel und reagieren im Notfall als erste Intervention. Angesichts dieser Verantwortung darf die Auswahl eines Sicherheitsdienstleisters nicht allein vom niedrigsten Preis abhängen – der Zuschlag muss an einen Anbieter mit nachweislicher Fachkompetenz und Integrität erfolgen, da mangelhafte Sicherheitsdienste Menschen, Sachwerte und vertrauliche Daten gefährden können. Tatsächlich erfordert Qualität im Sicherheitsbereich beträchtliche Investitionen in gut ausgebildetes Personal, Ausrüstung und Prozesse und ist mit einer reinen Niedrigpreis-Strategie meist nicht vereinbar. Einen Sicherheitsauftrag ausschließlich nach dem billigsten Angebot zu vergeben, kann fatale Folgen haben: Ein Bieter, der extrem unter Preis anbietet, spart womöglich an entscheidenden Vorgaben (etwa fehlende Lizenzen oder Versicherungen) und bringt so den Auftraggeber in rechtliche Schwierigkeiten. Zudem führt ein unrealistisch niedriger Preis häufig zu Leistungseinbußen – der Dienstleister stellt vielleicht fest, dass er den Auftrag zu diesen Konditionen nicht kostendeckend erfüllen kann, und es kommt zu vorzeitiger Vertragsauflösung oder Qualitätsmängeln bei der Leistungserbringung. Folglich sind transparente, objektive Wertungskriterien unverzichtbar. Jede Entscheidung sollte auf vorher festgelegten Kriterien basieren und sorgfältig dokumentiert werden, damit das Verfahren prüfbar und rechtssicher ist – auch für den Fall, dass ein unterlegener Bieter das Ergebnis anfechtet. Ein klar strukturiertes, kriterienbasiertes Ausschreibungsverfahren stellt sicher, dass der Zuschlag an den wirtschaftlich günstigsten Anbieter geht, der Preis und Qualität in einem optimalen Verhältnis bietet, und schützt den Auftraggeber so vor unnötigen Risiken und rechtlichen Problemen.
Grundstruktur der Bewertungskriterien
Bei der Vergabe von Sicherheitsdienstleistungen hat sich ein zweistufiges Bewertungsmodell bewährt, das gründliche Eignungsprüfungen mit fairer Wettbewerbsbehandlung verbindet. Stufe 1 bildet die Auswahlphase (Eignungsprüfung), in der Bieter anhand von Mindestanforderungen geprüft werden, bevor deren Angebote inhaltlich bewertet werden. Der Auftraggeber definiert zwingende Kriterien (z.B. Zulassungen, finanzielle Bonität, Erfahrung) als Ausschlusskriterien – jede Firma, die diese Mindeststandards nicht erfüllt, scheidet aus dem Verfahren aus, noch bevor eine Detailbewertung erfolgt. Diese Vorauswahl stellt sicher, dass nur rechtlich zugelassene und leistungsfähige Unternehmen in die engere Wahl kommen. In einem zweistufigen Verfahren (Teilnahmewettbewerb) werden so zunächst die geeignetsten Bewerber objektiv und diskriminierungsfrei ausgewählt und erst anschließend zur Angebotsabgabe aufgefordert, was erfahrungsgemäß zu einer höheren Qualität der Angebote führt. Stufe 2 ist die Zuschlagsphase, in der die Angebote der verbleibenden Bieter anhand festgelegter Wertungskriterien mit Gewichtung verglichen werden. Dabei werden typischerweise Preis und Qualitätskriterien kombiniert. Häufig wird eine Gewichtung von z.B. 30–40% Preis und 60–70% Qualitätsfaktoren verwendet, um sicherzustellen, dass Qualitätsaspekte angemessen berücksichtigt werden. Dieses Vorgehen – der Zuschlag nach dem wirtschaftlich günstigsten Angebot – bedeutet, dass nicht automatisch der billigste Bieter gewinnt, sondern derjenige mit dem besten Verhältnis aus Kosten und Leistung. Die Bewertung der Angebote erfolgt anhand einer Punkt- oder Notenskala je Kriterium, multipliziert mit den Gewichtungen. Alle Bewerter nutzen hierfür idealerweise ein einheitliches Bewertungsformular oder ein digitales Vergabetool, in dem die Kriterien und deren Gewichtung hinterlegt sind. Das fördert eine konsistente und objektive Bewertung. Wichtig ist auch, die Bewertungsskala klar zu definieren – beispielsweise was eine volle Punktzahl („5 Punkte“) versus mittlere Punktzahl („3 Punkte“) für ein bestimmtes Kriterium bedeutet. Die Verwendung eines standardisierten Bewertungsschemas (etwa einer 5-stufigen Skala mit definierten Bewertungsmaßstäben) hilft dem Bewertungsteam, alle Angebote gleichmäßig und fair zu beurteilen. Zusätzlich können Mindestpunktzahlen für kritische Kriterien vorgegeben werden (z.B. muss ein Anbieter bei „Personalqualität“ mindestens 60% der Punkte erreichen, um noch berücksichtigt zu werden), damit kein Bieter allein über den Preis gewinnt, wenn die Qualitätsleistung unzureichend ist. Insgesamt gewährleistet diese zweistufige Struktur – zunächst strenge Eignungsprüfung, dann gewichtete Angebotsbewertung – ein transparentes und belastbares Verfahren, um den Sicherheitsdienstleister zu finden, der Qualität, Zuverlässigkeit und Preis in der besten Kombination bietet.
Auswahlkriterien (Teilnahmeberechtigung)
In der ersten Phase, der Eignungs- bzw. Auswahlprüfung, legt der Auftraggeber die Mindestanforderungen fest, die ein Sicherheitsdienstleister erfüllen muss, um an der Ausschreibung teilnehmen bzw. in die Angebotswertung zu gelangen. Diese Kriterien dienen als Filter, um ungeeignete oder unzuverlässige Anbieter im Voraus auszuschließen.
Typische Auswahlkriterien in Sicherheitsdienst-Ausschreibungen sind unter anderem:
Gewerbeerlaubnis und behördliche Zulassungen: Das Unternehmen muss alle vorgeschriebenen Lizenzen besitzen, um Sicherheitsdienstleistungen ausüben zu dürfen. Beispiel: In Deutschland darf nur ein Bewachungsunternehmen mit einer gültigen §34a GewO-Erlaubnis (Gewerbeerlaubnis nach §34a der Gewerbeordnung) am Verfahren teilnehmen. Ein Bieter ohne diese Erlaubnis – oder ohne entsprechenden Nachweis (z.B. Auszug aus dem Bewacherregister) – wird vom Verfahren ausgeschlossen. Gleiches gilt für etwaige weitere gesetzliche Anforderungen, z.B. müssen Unternehmen aus dem Ausland vergleichbare gewerberechtliche Registrierungen nachweisen.
Qualifiziertes Personal: Der Bieter muss belegen, dass sein eingesetztes Sicherheitspersonal die erforderliche Sachkunde und Ausbildung besitzt. In Deutschland ist z.B. vorgeschrieben, dass Wachpersonen entweder an der Unterrichtung gemäß §34a GewO teilgenommen haben oder die Sachkundeprüfung vor der IHK abgelegt haben (insbesondere für bestimmte Tätigkeiten). Ein qualitatives Auswahlkriterium kann sein, dass z.B. alle einzusetzenden Sicherheitskräfte die Sachkundeprüfung gemäß §34a GewO bestanden haben. Weiterhin fordern viele Auftraggeber zusätzliche Qualifikationen: etwa Nachweise über Erste-Hilfe-Kurse, Brandschutzhelfer-Ausbildung oder Deeskalationstrainings. Der Bieter sollte eine Mitarbeiterqualifikationsübersicht einreichen, aus der ersichtlich ist, welche relevanten Zertifikate und Schulungen das Sicherheitspersonal hat. Ziel ist es sicherzustellen, dass nur Anbieter in Frage kommen, die über geschultes, fachkundiges Personal verfügen.
Einhaltung von Arbeitsrecht und sozialen Standards: Alle Bieter müssen erklären (und auf Verlangen nachweisen), dass sie die geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften einhalten. Dazu gehört insbesondere die Zahlung von mindestens dem gesetzlichen oder vereinbarten Mindestlohn für das Wachpersonal und die ordnungsgemäße Abführung von Sozialabgaben. Auch die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes, des Arbeitsschutzes und etwaiger Tarifverträge (sofern anwendbar) sind relevant. Ein Auftraggeber kann z.B. verlangen, dass der Bieter eine Tariftreue- oder Mindestentgelt-Erklärung abgibt. Unternehmen, die in der Vergangenheit gegen Lohn- oder Sozialdumping-Vorschriften verstoßen haben, werden in vielen Ländern von öffentlichen Vergaben ausgeschlossen. In EU-weiten Ausschreibungen sind etwa Steuer- und Abgabenschulden zwingende Ausschlussgründe – ein Bieter, der seine Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge nicht zahlt, darf keinen Zuschlag erhalten. Ebenso kritisch wäre der Einsatz von Scheinselbständigen oder nicht angemeldeten Arbeitskräften (“undeclared work”), was ebenfalls gegen Gesetz und gute Praxis verstößt. Das Auswahlkriterium stellt somit sicher, dass nur Bieter im Wettbewerb bleiben, die sozial verantwortlich wirtschaften und alle gesetzlichen Pflichten gegenüber Mitarbeitern und Staat erfüllen.
Finanzielle Leistungsfähigkeit: Ein Sicherheitsdienst muss wirtschaftlich stabil sein, um einen mehrjährigen Wachauftrag zuverlässig erfüllen zu können. Daher werden üblicherweise Anforderungen an die Finanzkraft gestellt. Typisch ist z.B. der Nachweis eines bestimmten Mindestumsatzes in den letzten Geschäftsjahren (oft in Relation zum Auftragsvolumen) sowie die Vorlage von Jahresabschlüssen oder Bilanzen. Diese Dokumente erlauben eine Einschätzung der finanziellen Gesundheit – zum Beispiel kann der Auftraggeber prüfen, ob ein ausgewogenes Verhältnis von Eigenkapital zu Schulden vorliegt. Bieter müssen häufig auch bestätigen, dass keine Insolvenz oder vergleichbare Verfahren gegen sie laufen und dass keine erheblichen Zahlungsrückstände bestehen. Ist ein Unternehmen insolvent oder überschuldet, wird es ausgeschlossen. Ebenso kann eine geforderte Berufshaftpflichtversicherung (Nachweis einer Haftpflicht mit ausreichender Deckungssumme) ein Auswahlkriterium sein. All diese Punkte sollen sicherstellen, dass nur finanziell zuverlässige Anbieter in die engere Wahl kommen, sodass das Risiko eines Leistungsausfalls wegen Geschäftsaufgabe oder Insolvenz minimiert wird.
Erfahrung und Referenzen: Praktische Erfahrung in der Sicherheitsbranche – insbesondere in vergleichbaren Objekten – ist ein weiterer zentraler Eignungsnachweis. Der Auftraggeber kann verlangen, dass der Bieter seit mindestens 2–3 Jahren im Bereich Werkschutz/Objektschutz tätig ist oder bereits eine gewisse Anzahl ähnlicher Objekte betreut hat. Oft werden konkrete Referenzprojekte abgefragt: z.B. „Nennen Sie drei vergleichbare Objekte (inkl. Ansprechpartner), die Ihr Unternehmen in den letzten drei Jahren betreut hat.“ Dadurch kann der Auftraggeber einschätzen, ob der Bieter die nötige Erfahrung hat – etwa im Umgang mit Bürokomplexen, Industrieanlagen oder öffentlichen Einrichtungen, je nach Ausschreibungsgegenstand. Ein Neuling ohne nachweisbare Referenzen in der gesuchten Dienstleistung hätte es schwer, die Eignung nachzuweisen. Umgekehrt kann umfangreiche einschlägige Erfahrung ein Pluspunkt sein (sofern über die Mindestanforderung hinausgehende Erfahrung im Vergabeverfahren berücksichtigt werden darf). Auch qualitative Aspekte wie zufriedene Referenzkunden oder Auszeichnungen können unter Erfahrung fallen, werden aber in dieser Phase meist nur informatorisch betrachtet. Wichtig ist: Ohne ausreichende Erfahrung keine weitere Teilnahme – der Auftraggeber will keine „Experimentierkandidaten“, sondern bewährte Dienstleister in die Angebotswertung lassen.
Zuverlässigkeit und Integrität: Schließlich wird geprüft, ob der Bieter zuverlässig im Sinne von Gesetz und Auftragsdurchführung ist. Viele öffentliche Auftraggeber orientieren sich an den gesetzlichen Ausschlussgründen (z.B. § 123 GWB in Deutschland), die zwingend oder fakultativ zum Ausschluss führen können. Darunter fallen schwere Straftaten (wie Bestechung, Betrug), schwere berufliche Verfehlungen (z.B. Manipulation von Vergaben, Wettbewerbsverstöße) oder eklatante Schlechtleistungen bei früheren Aufträgen. Ein Bieter muss in der Regel in einem Firmenauskunftsformular erklären, dass keine einschlägigen Verurteilungen vorliegen und er nicht von einer öffentlichen Auftragsvergabe ausgeschlossen ist. Sollte bekannt werden, dass ein Unternehmen z.B. in jüngerer Zeit einen Vertrag wegen gravierender Mängel verloren hat oder versucht hat, andere Bieter unzulässig zu beeinflussen, kann dies zum Ausschluss führen. Ebenso achten Auftraggeber darauf, dass keine Interessenkonflikte bestehen – etwa wenn ein Bieter bereits als Berater am Vergabeverfahren beteiligt war, wäre er auszuschließen. Letztlich soll so sichergestellt werden, dass nur rechtlich einwandfreie und integre Anbieter im Wettbewerb verbleiben.
Erfüllt ein Bieter auch nur eines der oben genannten Auswahlkriterien nicht, wird sein Angebot meist gar nicht erst zur weiteren Bewertung zugelassen. Diese „harte Filterung“ mag streng erscheinen, ist aber notwendig, um in der darauf folgenden Wertungsphase nur unter qualifizierten und seriösen Anbietern den Besten auszuwählen. Der Auftraggeber sollte die Auswahlkriterien und geforderten Nachweise bereits in der Ausschreibung eindeutig benennen (z.B. in einem Teilnahmeantragsformular oder in den Vergabeunterlagen), sodass die Bieter wissen, welche Hürden sie nehmen müssen. Sind mehrere Unternehmen auf dem Papier geeignet, kann der Auftraggeber – insbesondere bei einem vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb – die Zahl der Teilnehmer noch begrenzen, indem er z.B. nur die fünf bestgeeigneten Bewerber zur Angebotsabgabe auffordert (falls dies in der Ausschreibung so vorgesehen war). Diese Auswahl erfolgt dann ebenfalls anhand der erwähnten Kriterien (etwa Punktevergabe für Umsatz, Erfahrung, Personalkapazität etc.). Letztlich garantiert eine konsequente Eignungsprüfung, dass die Zuschlagsentscheidung später auf einem soliden Fundament aus Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der verbleibenden Bieter basiert.
Zuschlagskriterien (Bewertung der qualifizierten Angebote)
In der zweiten Phase – der eigentlichen Angebotsbewertung – werden die Angebote der zugelassenen Bieter anhand der Zuschlagskriterien verglichen. Zuschlagskriterien sind die vorab bekannt gegebenen Bewertungsmaßstäbe, nach denen der Auftrag vergeben wird. Sie sollen sicherstellen, dass der Zuschlag an das Angebot erteilt wird, das das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Üblicherweise fließen dabei Preis und Qualitätskriterien in die Bewertung ein, wobei jedem Kriterium ein prozentuales Gewicht zugeordnet ist. Die Summe der Gewichtungen beträgt 100%, und jedes Angebot erhält in jedem Kriterium eine Punktezahl, aus der mittels der Gewichtung eine Gesamtpunktzahl errechnet wird.
Im Folgenden sind die typischen Zuschlagskriterien bei Sicherheitsdienstleistungen sowie deren Inhalte erläutert:
Preis (z.B. 30% Gewichtung): Dieses Kriterium betrachtet die angebotenen Kosten für die vertraglichen Sicherheitsdienstleistungen. Bewertet wird zunächst der Gesamtpreis bzw. Stunden- und Jahressatz, den der Bieter fordert. Häufig verlangen Auftraggeber auch eine detaillierte Kalkulation: also eine Aufschlüsselung, wie der Preis zustande kommt – etwa welchen Stundenlohn (Bruttolohnkosten) der Wachmann erhält, welche Lohnnebenkosten, Ausrüstungskosten, Gemeinkosten und Gewinnanteile einkalkuliert wurden. Diese Transparenz ermöglicht es, Angebote auf Plausibilität zu prüfen und sicherzustellen, dass kein Bieter durch Kalkulation unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Löhne oder durch das Weglassen notwendiger Kosten ein scheinbar günstiges Angebot erstellt hat. Ein Angebot, das z.B. die Sicherheitskräfte unter Tarif bezahlen würde, müsste ausgeschlossen werden, da es gegen gesetzliche/vertragliche Pflichten verstoßen würde. Generell gilt: Der niedrigste Preis erhält die maximale Punktzahl in diesem Kriterium, alle höheren Preise entsprechend weniger (oft anhand einer Preisformel). Allerdings wird ein sehr niedriger Preis im Sicherheitsgewerbe kritisch hinterfragt: Ist der Preis auffällig niedrig, muss der Bieter ggf. eine Aufklärung liefern, um zu beweisen, dass er dennoch alle Leistungen vertragsgerecht erbringen kann. Erfahrungsgemäß können extrem niedrige Angebote die Leistungsqualität gefährden, da der Dienstleister irgendwo sparen muss – sei es bei Löhnen, Anzahl der Wachleute oder Ausrüstung. Daher behalten sich Auftraggeber vor, Angebote als unauskömmlich abzulehnen, wenn sie offensichtlich nicht kostendeckend kalkuliert sind. Unter dem Strich belohnt dieses Kriterium kosteneffiziente Angebote, ohne jedoch den Billigstbieter-Ansatz blind zu verfolgen: Nur wer gleichzeitig die Mindestqualität liefert, kann mit dem Preisvorteil punkten.
Personalqualität (z.B. 25%): Dieses wichtige Kriterium bewertet die Qualifikation und Eignung des Wachpersonals, das der Bieter für den Auftrag einsetzen will. Schließlich stehen und fallen Sicherheitsdienstleistungen mit den Menschen vor Ort – den Sicherheitskräften. Mehrere Aspekte fließen hier ein: Erstens die formale Qualifikation der Mitarbeiter – wie viele der vorgesehenen Sicherheitskräfte verfügen über die Sachkundeprüfung nach §34a GewO? Haben die Mitarbeiter zusätzlich Fortbildungen, z.B. als Ersthelfer, Brandschutzhelfer oder im Bereich Deeskalation? Bieter mit einem hohen Anteil an qualifiziertem, zertifiziertem Personal haben einen klaren Vorteil. Zweitens die Erfahrung und Betriebszugehörigkeit des Personals: Ein Auftraggeber wird positiv bewerten, wenn der Bieter ein Stammteam mit jahrelanger Erfahrung und geringer Fluktuation einsetzt. Personalfluktuation ist ein Indikator – ist sie niedrig, spricht das für gute Arbeitsbedingungen und Know-how-Kontinuität; bei hoher Fluktuation besteht das Risiko ständig wechselnder, unerfahrener Kräfte. Ein Bieter kann z.B. angeben, dass seine jährliche Wachpersonal-Fluktuation unter X% liegt, was auf Stabilität hindeutet. Drittens zählen die Schulungs- und Einsatzkonzepte: Bietet der Dienstleister regelmäßige Weiterbildungen für sein Personal an (z.B. jährliche Unterweisungen, zusätzliche Trainings etwa in Kundenfreundlichkeit für Empfangsmitarbeiter)? Hat er Spezialisten im Team (z.B. Hundeführer, IT-Security-Kenntnisse für Leitstellen)? Auch „Soft Skills“ spielen eine Rolle – Wachleute fungieren oft als Visitenkarte des Unternehmens, daher wird auf Auftreten, Uniformierung und Kommunikationsfähigkeit Wert gelegt. Manche Ausschreibungen verlangen sogar Kurzprofile der vorgesehenen Objektleiter oder Schichtführer. Insgesamt gilt: Ein Bieter erhält in diesem Kriterium umso mehr Punkte, je besser qualifiziert, motiviert und passend sein Personal für die Aufgabe ist. Durch mitarbeiterorientierte Personalpolitik – z.B. faire Löhne, Work-Life-Balance und Aufstiegschancen – lässt sich die Mitarbeiterzufriedenheit steigern, was direkt die Dienstleistungsqualität erhöht. Solche Faktoren können in der Angebotsbewertung positiv hervorgehoben werden (auch wenn sie schwer quantifizierbar sind).
Servicekonzept (z.B. 25%): Unter diesem Kriterium wird das vom Bieter vorgestellte Einsatz- und Betreuungskonzept für das konkrete Objekt bewertet. Der Bieter soll darlegen, wie er den Wachauftrag operativ umsetzen will. Ein überzeugendes Servicekonzept ist maßgeschneidert für die Bedürfnisse des Auftraggebers und zeigt, dass der Bieter die Örtlichkeiten, Risiken und Anforderungen genau verstanden hat. Typische Inhalte, die erwartet und bewertet werden, sind: die vorgeschlagene Personalstärke und -einteilung (Wie viele Sicherheitskräfte werden zu welchen Zeiten eingesetzt? Gibt es Schichtpläne, Postenpläne?); die Aufgabenplanung vor Ort (z.B. Rundgänge – wo und wie oft? Zugangskontrollen – welche Verfahren für Mitarbeiter und Besucher? Schlüsselmanagement – wie wird es organisiert?); Reaktionspläne für Vorfälle (etwa bei Alarm, Feuer, medizinischem Notfall – welche Schritte unternimmt das Personal, wen informiert es?); und der Einsatz von Technologie zur Unterstützung der Sicherheitsarbeit. Moderne Sicherheitsdienste nutzen häufig elektronische Wächterkontrollsysteme, bei denen die Wachperson per RFID/QR-Code oder GPS-Tracking ihre Rundgänge nachweist. Sie bieten digitale Reporting-Tools oder Apps an, über die Zwischenfälle sofort gemeldet und dokumentiert werden können. Ebenso können Echtzeit-Überwachungsdashboards angeboten werden, auf die der Auftraggeber Zugriff hat. Solche technischen Lösungen werden im Servicekonzept positiv bewertet, da sie Transparenz und Effizienz erhöhen. Wichtiger noch ist die Praxisnähe des Konzepts: Der Bieter sollte zeigen, dass er ein schlüssiges Organisationskonzept hat, wie er die Sicherheit im betreffenden Objekt gewährleistet. Dazu gehört auch, ungewöhnliche Anforderungen des Auftraggebers abzudecken – z.B. falls der Kunde Nachhaltigkeitsaspekte wünscht (Stichwort E-Fahrzeuge für Streifenfahrten) oder besondere Reportingintervalle, sollte dies im Konzept berücksichtigt werden. Ein detailliertes, gut durchdachtes Betriebskonzept wird hohe Punktzahlen erhalten, weil es Vertrauen schafft, dass der Anbieter den Betrieb reibungslos gestalten kann. Oberflächliche oder allgemeine Konzepte, die kaum auf das Objekt eingehen, werden entsprechend schlechter bewertet. Das Servicekonzept-Kriterium ermöglicht dem Auftraggeber, qualitative Unterschiede in der Vorgehensweise und Kreativität der Anbieter sichtbar zu machen.
Qualitätsmanagement (z.B. 10%): Dieses Kriterium beleuchtet die internen Qualitätssicherungsmaßnahmen des Bieters sowie vorhandene Zertifizierungen. Bei Sicherheitsdiensten ist es wichtig zu wissen, wie der Anbieter die Einhaltung seiner zugesagten Leistung kontrolliert und kontinuierlich verbessert. Bewertet wird zum Beispiel: das Aufsichts- und Berichtswesen – stellt der Dienstleister einen Objektleiter oder Sicherheitsingenieur, der regelmäßig die Leistung überwacht und als Ansprechpartner dient? Wie sind die Kontrollmechanismen? (Beispielsweise interne Audit-Teams, die Dienstanweisungen überprüfen, oder Einsatzleiter, die stichprobenartig die Mitarbeiter vor Ort kontrollieren.) Weiterhin von Interesse sind Meldewege und Eskalationsstufen: Wie wird der Auftraggeber über Vorkommnisse informiert? Gibt es klare Prozesse, wie Beschwerden oder Zwischenfälle behandelt werden? Ein gutes Qualitätsmanagementkonzept enthält auch Präventivmaßnahmen: etwa regelmäßige Meetings mit dem Auftraggeber zur Leistungsbesprechung, definierte Key Performance Indicators (KPIs) für die Dienstleistung, und Notfallpläne bei Qualitätsmängeln. Zertifikate wie die branchenbezogene DIN 77200 (Qualitätsnorm für Sicherheitsdienstleister) oder ISO 9001 (allgemeines Qualitätsmanagementsystem) können hier Pluspunkte bringen, da sie auf strukturierte und geprüfte Arbeitsabläufe schließen lassen. Einige Auftraggeber fordern DIN-77200 ausdrücklich als Teilnahmevoraussetzung oder bewerten eine vorhandene Zertifizierung innerhalb dieses Kriteriums. Es ist aber zu beachten: Eine Zertifizierung alleine macht noch keinen hochwertigen Sicherheitsdienstleister aus – letztlich kommt es auf die tatsächliche Umsetzung an, insbesondere auf gut geschulte und motivierte Mitarbeiter. Daher achten Bewerter darauf, dass der Bieter nicht nur Zertifikate vorweist, sondern auch erläutert, wie er Qualität sicherstellt. Beispielsweise könnte ein Bieter darlegen: “Wir führen monatlich interne Qualitätsaudits durch; unser Objektleiter erstellt Quartalsberichte; unser Unternehmen ist seit X Jahren nach ISO 9001 zertifiziert und auditfrei geblieben.” Solche Angaben würden zu einer hohen Bewertung in diesem Kriterium führen. Insgesamt dient das Qualitätsmanagement-Kriterium dazu, die Zuverlässigkeit in der Vertragserfüllung zu beurteilen – also ob der Anbieter nicht nur anfangs gute Versprechen macht, sondern über die gesamte Vertragslaufzeit hinweg eine hohe Dienstleistungsqualität aufrechterhalten kann.
Nachhaltigkeit & Compliance (z.B. 10%): Dieses Zuschlagskriterium spiegelt die Verantwortungsübernahme des Bieters in Bezug auf gesellschaftliche und ökologische Werte wider, was zunehmend auch in der Sicherheitsbranche Bedeutung gewinnt. Im Bereich Nachhaltigkeit wird bewertet, ob der Sicherheitsdienstleister umweltfreundliche Maßnahmen im Rahmen der Dienstleistung umsetzt. Beispiele: Setzt der Bieter Elektro- oder Hybridfahrzeuge für Streifenfahrten ein, um CO₂-Emissionen zu reduzieren? Nutzt er eine digitale Berichtserstattung statt Papierprotokollen (Stichwort „papierloses Büro“), um Ressourcen zu sparen? Werden Uniformen und Materialien umweltgerecht beschafft und entsorgt? Solche Initiativen können gerade für Unternehmen mit eigenen Nachhaltigkeitsstrategien (ESG-Ziele) ein wichtiger Pluspunkt sein. Auf der sozialen Seite fließen Aspekte wie Mitarbeiterbedingungen und -ethik ein. Ein Bieter, der beispielsweise über das gesetzlich Vorgeschriebene hinaus seinen Sicherheitskräften gute Arbeitsbedingungen bietet – etwa zusätzliche soziale Leistungen, übertarifliche Zulagen, Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung oder familienfreundliche Schichtmodelle – zeigt eine faire Personalpolitik. Dies wirkt sich positiv auf Motivation und Servicequalität aus und reduziert Risiken (etwa das Risiko von Streiks oder Leistungsausfällen). Ebenso könnte geprüft werden, ob der Bieter sich an CSR-Initiativen beteiligt, z.B. ob er in der Region soziale Projekte unterstützt oder Programme zur Mitarbeitergesundheit anbietet. Ein weiterer Punkt ist die Einhaltung von Compliance-Standards: Der Bieter sollte über ein Compliance-Konzept verfügen, das z.B. Korruption vorbeugt und ethisches Verhalten der Mitarbeiter fördert (in Sicherheitsdiensten relevant, da das Personal Zugang zu sensiblen Bereichen hat). Wenn Subunternehmer eingesetzt werden (z.B. für Spezialdienste oder als lokale Partner), wird erwartet, dass der Hauptanbieter volle Transparenz darüber herstellt und nur nachweislich zuverlässige Subunternehmer beauftragt. Kurzum, in diesem Kriterium erhält der Bieter eine höhere Wertung, wenn er zeigt, dass er nicht nur den Auftrag erfüllen kann, sondern dies auch auf eine verantwortungsbewusste, nachhaltige und regelkonforme Weise tut. Obwohl dieses Kriterium meist geringer gewichtet ist als die Kernleistungen, kann es bei einem knappen Rennen den Ausschlag geben – etwa wenn zwei Bieter in Preis und Qualität fast gleichauf sind, wird der den Zuschlag erhalten, der z.B. im Bereich Nachhaltigkeit/Compliance ein stimmigeres Gesamtkonzept nachweisen kann.
Nachdem alle Angebote entlang der Zuschlagskriterien bewertet wurden, wird für jeden Bieter die Gesamtpunktzahl berechnet. Das Angebot mit der höchsten Punktzahl stellt das wirtschaftlichste Angebot dar und kommt für den Zuschlag in Betracht. Die Vergabestelle sollte diese Bewertungsmatrix transparent dokumentieren.
Die folgende Tabelle veranschaulicht beispielhaft eine solche Bewertungsübersicht für drei fiktive Bieter:
Kriterium | Gewichtung | Bieter A | Bieter B | Bieter C |
---|---|---|---|---|
Preis | 30% | 25 | 30 | 28 |
Personalqualität | 25% | 23 | 20 | 25 |
Servicekonzept | 25% | 22 | 23 | 20 |
Qualitätsmanagement | 10% | 10 | 9 | 10 |
Nachhaltigkeit/Compliance | 10% | 8 | 10 | 7 |
Gesamtpunktzahl | 100% | 88 | 92 | 90 |
In diesem fiktiven Beispiel würde Bieter B den Zuschlag erhalten, da er mit 92 Punkten die höchste Gesamtwertung hat – obwohl sein Preis nicht der niedrigste ist, übertrifft er die Konkurrenz in den Qualitätskategorien und erzielt damit das beste Gesamtpaket. Diese Vorgehensweise macht deutlich, wie die Mehrkriterienausschreibung zu einem ausgewogenen Ergebnis führt: Preis ist wichtig (30% der Punkte), aber die Summe der Qualitätsmerkmale (70%) kann einen moderat höheren Preis wettmachen. Der Auftraggeber sollte bereits in den Ausschreibungsunterlagen die Zuschlagskriterien, deren Gewichtung und die Bewertungsmethode klar angeben, sodass alle Bieter von Anfang an wissen, nach welchen Maßstäben ihr Angebot geprüft wird. Auch etwaige Mindestpunktzahlen oder das Vorgehen bei ungewöhnlich niedrigen/hohen Angeboten sollten dort erläutert werden. So wird Transparenz geschaffen und die spätere Entscheidung ist besser nachvollziehbar und begründbar.
Durchführung des Wertungsverfahrens und Entscheidungsfindung
Neben den inhaltlichen Kriterien spielt die Organisation des Wertungsprozesses eine große Rolle dafür, dass die Vergabe objektiv, nachvollziehbar und rechtskonform abläuft.
Im Folgenden sind bewährte Vorgehensweisen für die Bewertungsphase einer Sicherheitsdienst-Ausschreibung dargestellt:
Einrichtung eines Bewertungsteams: Der Auftraggeber sollte ein Vergabegremium mit geeigneten Mitgliedern bilden, das die Angebote prüft und bewertet. Dieses Team setzt sich idealerweise interdisziplinär zusammen. Typischerweise gehören dazu: ein/e Einkäufer/in bzw. Vergabeverantwortliche/r (der/die den Prozess steuert und auf die regelkonforme Anwendung der Kriterien achtet), ein/e Sicherheitsmanager/in oder fachkundige/r Vertreter/in der abnehmenden Fachabteilung (der/die die Angebote inhaltlich-technisch beurteilen kann, z.B. in Bezug auf Sicherheitskonzepte, Personalstärke etc.), sowie ggf. ein/e Jurist/in oder Compliance-Beauftragte/r (um die rechtliche Seite, Vertragsbedingungen und die Einhaltung der Vergaberegeln im Auge zu behalten). Bei größeren Unternehmen kann auch jemand aus der Nachhaltigkeits- oder Personalabteilung hinzugezogen werden, wenn entsprechende Kriterien eine Rolle spielen. Durch diese gemischte Zusammensetzung wird gewährleistet, dass die Angebote aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden und kein Aspekt (Preis, Qualität, rechtliche Konformität) vernachlässigt wird. Gleichzeitig reduziert ein diverses Gremium das Risiko von Befangenheit: Mehrere Personen bewerten unabhängig, wodurch Einzelmeinungen weniger ins Gewicht fallen. Alle Gremiumsmitglieder sollten vorab verpflichtet werden, streng nach den festgelegten Kriterien zu bewerten und keinerlei externen Einfluss zuzulassen. Üblich ist, dass jeder Bewertende eine Vertraulichkeits- und Integritätserklärung unterschreibt, bevor er Zugang zu den Angeboten erhält – hierin wird bestätigt, dass kein Interessenkonflikt besteht und dass alle Informationen vertraulich behandelt werden. Dies schafft Vertrauen in die Unparteilichkeit der Bewertung.
Einheitliche Bewertungsmethodik: Jedes Teammitglied erhält die zugelassenen Angebote (bzw. Zugriff darauf im eVergabe-Portal) sowie die Bewertungsbögen mit den Zuschlagskriterien. Die Bewertung sollte nach einem vorher festgelegten Schema erfolgen. In vielen Fällen bewerten die Teammitglieder zunächst individuell: Sie lesen die Angebote und vergeben Punkte je Kriterium gemäß der definierten Skala. Dadurch entsteht pro Angebot und Kriterium eine Spannbreite von Wertungen. Anschließend trifft sich das Gremium zu einer oder mehreren Bewertungsrunden, in denen die Mitglieder ihre Bewertungen vergleichen und diskutieren. Bei Abweichungen wird der Grund erörtert – beispielsweise könnte ein Sicherheitsfachmann bestimmte konzeptionelle Mängel erkennen, die dem Einkauf weniger aufgefallen sind, oder umgekehrt ein Jurist einen Vorzug in den Vertragsbedingungen, den die anderen nicht gewichtet haben. Ziel dieser Moderation ist es, am Ende für jedes Angebot je Kriterium eine konsolidierte Punktzahl (oft im Konsens) festzulegen. Diese Moderationsbewertung stellt sicher, dass das gesamte Gremium geschlossen hinter der Bewertung steht und die Kriterien einheitlich angelegt wurden. Falls es unüberbrückbare Unterschiede gibt, kann auch ein arithmetischer Mittelwert aus den Einzelbewertungen genommen werden – dies sollte aber die Ausnahme sein, da eine gemeinsame Bewertung weniger angreifbar ist. Wichtig ist, dass alle Bewertungen und ggf. Änderungen im Rahmen der Bewertungsrunden dokumentiert werden (z.B. in einem Bewertungsprotokoll). Während des ganzen Prozesses ist auf Objektivität zu achten: Die Prüfer dürfen nur die im Angebot enthaltenen Informationen und die im Verfahren vorgegebenen Kriterien heranziehen. Persönliche Präferenzen oder externe Informationen über die Bieter (etwa Gerüchte oder frühere Erfahrungen, die nicht in den Unterlagen belegt sind) dürfen nicht einfließen. Sollte das Vergabeverfahren es vorsehen, kann das Bewertungsteam auch Bieterpräsentationen oder Objektbesichtigungen durchführen, bevor die finale Wertung festgelegt wird. Gerade bei sicherheitskritischen Aufträgen laden manche Auftraggeber die bestplatzierten Bieter zu einem Gespräch ein, um etwa das eingesetzte Führungspersonal kennenzulernen oder offene Fragen zu klären. Solche Treffen müssen jedoch strukturiert ablaufen und allen relevanten Bietern angeboten werden, um die Gleichbehandlung zu wahren. Falls dabei neue Erkenntnisse gewonnen werden, sind diese in der Bewertung nachvollziehbar zu berücksichtigen (z.B. durch Anpassung der Punkte, falls zulässig, oder zumindest als Zusatznotiz im Vergabevermerk).
Begründete Entscheidungsfindung: Nach Abschluss der Bewertungsphase – d.h. wenn für jedes Angebot eine endgültige Punktzahl je Kriterium und die Gesamtpunktzahlen vorliegen – erstellt das Bewertungsgremium einen Vergabevorschlag. Darin wird festgehalten, welcher Bieter die höchste Punktzahl (bzw. das wirtschaftlichste Angebot) hat und somit den Zuschlag erhalten soll. Nun ist Transparenz und Dokumentation besonders wichtig: Der gesamte Entscheidungsprozess wird in einem Vergabevermerk oder Bewertungsbericht zusammengefasst. In diesem Bericht sollten die wichtigsten Fakten stehen: Anzahl der eingegangenen Angebote, welche Bieter ausgeschlossen wurden (mit Begründung), welche Bewertungskriterien angewandt wurden, die Punktetabellen der Angebote und eine Erläuterung der Zuschlagsentscheidung. Insbesondere Unterschiede zwischen dem erst- und zweitplatzierten Angebot werden oft erläutert, um zu zeigen, warum der Gewinner besser ist. Beispiel: „Bieter 1 erhält den Zuschlag, da er trotz etwas höherem Preis in allen Qualitätskriterien (Personal, Konzept, Qualitätssicherung) deutlich höhere Punktzahlen erzielte als Bieter 2. Insbesondere hat Bieter 1 mehr erfahrenes Personal (Kriterium Personalqualität: 25 Punkte vs. 20 Punkte bei Bieter 2) und ein detaillierteres objektspezifisches Konzept (22 vs. 20 Punkte). Daher liegt das Angebot von Bieter 1 mit 92 Punkten insgesamt vor Bieter 2 mit 90 Punkten.“ Solche Begründungen machen die Entscheidung nachvollziehbar und können intern wie extern kommuniziert werden. Alle Mitglieder des Bewertungsteams unterzeichnen idealerweise den Vergabevermerk oder zumindest ihre Einzelbewertungen, um die Authentizität zu bestätigen. Zudem wird noch einmal geprüft, dass kein Teammitglied befangen war – sollte z.B. während der Bewertung ein möglicher Interessenkonflikt deutlich geworden sein, müsste dies dokumentiert und die betreffende Person ggf. von der weiteren Wertung ausgeschlossen werden. Im Normalfall wurde dies jedoch schon zu Beginn durch die Interessenerklärungen ausgeschlossen. Nachdem der Vergabevorschlag intern genehmigt ist (bei vielen Unternehmen braucht es z.B. die Unterschrift des Fachabteilungsleiters und der Einkaufsleitung), steht die Vergabeentscheidung fest. Insgesamt sorgt ein sauber strukturierter, kollegial durchgeführter Wertungsprozess dafür, dass die Zuschlagsentscheidung sachlich fundiert ist und von allen Beteiligten mitgetragen wird – eine wichtige Voraussetzung, um im Nachgang etwaigen Nachfragen oder Rechtsmitteln standhalten zu können.
Dokumentation und Transparenz
Für eine prüfungssichere Vergabe von Sicherheitsleistungen ist es unerlässlich, sowohl die interne Dokumentation als auch die externe Kommunikation klar und vollständig zu gestalten. Zunächst zur Dokumentation: Jede Phase des Vergabeverfahrens sollte durch schriftliche Unterlagen belegt sein. Bereits in der Angebotsphase werden alle Fragen der Bieter und Antworten des Auftraggebers protokolliert. In der Wertungsphase fallen dann insbesondere der Bewertungsvermerk und die Punktelisten an. Es ist ratsam, sämtliche Bewertungsunterlagen sorgfältig aufzubewahren: die Einzelwertungsbögen der Prüfer, etwaige Notizen aus Bewertungsdiskussionen, das Protokoll von Bieterpräsentationen (falls durchgeführt) und schließlich den zusammenfassenden Vergabebericht mit der Begründung der Entscheidung. Diese vollständige Aktenlage bildet einen Audit-Trail, der den Verlauf von der Ausschreibung bis zur Zuschlagsentscheidung transparent nachvollziehbar macht. Sollte zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. im Rahmen einer Revision, eines Rechtsmittelverfahrens oder einer Lieferantenbeschwerde) eine Überprüfung nötig sein, kann der Auftraggeber so nachweisen, dass alle Entscheidungen regelkonform und begründet getroffen wurden. In einigen Branchen oder Ländern bestehen gesetzliche Aufbewahrungspflichten – z.B. müssen Unterlagen öffentlicher Vergabeverfahren oft viele Jahre aufbewahrt werden. Aber auch im privaten Sektor ist es aus Compliance-Gründen sinnvoll, die Vergabeakten mindestens für die Vertragsdauer plus einen Puffer verfügbar zu halten. Eine lückenlose Dokumentation ist ein Schutzschild: Sie schützt den Auftraggeber vor unbegründeten Vorwürfen (z.B. Vetternwirtschaft oder Willkür) und ermöglicht es ihm, aus dem Verfahren zu lernen, was bei künftigen Ausschreibungen verbessert werden könnte.
Neben der internen Dokumentation spielt die transparente Information der Bieter eine große Rolle. Sobald die Vergabeentscheidung intern gefallen ist und – falls erforderlich – etwaige Gremien oder Vorstand zugestimmt haben, sollten alle Bieter gleichzeitig über das Ergebnis benachrichtigt werden. Im öffentlichen Bereich erfolgt dies durch formelle Zuschlags- und Absageschreiben (inklusive Angabe einer Stillhaltefrist, der sog. „Standstill-Period“). In der Privatwirtschaft können es einfache Schreiben oder E-Mails sein. Wichtig ist, dass die Mitteilung an die unterlegenen Bieter zumindest das verwendete Zuschlagskriterium-System und das Ergebnis enthält. Üblich ist, den nicht berücksichtigten Bietern mitzuteilen, wer den Zuschlag erhält (ggf. anonymisiert als „ein Mitbewerber“) und wie ihr eigenes Angebot im Vergleich bewertet wurde – zumindest in Zusammenfassung. Viele Auftraggeber bieten den Bietern auch eine mündliche oder schriftliche Erläuterung der Entscheidung an (Debriefing). Ein solches Angebot zur Feedback-Gespräch zeigt Fairness und Wertschätzung den Bietern gegenüber und hilft, Missverständnisse auszuräumen. Im Rahmen so eines Debriefings kann der Auftraggeber z.B. erklären: „Ihr Angebot erreichte 88 von 100 Punkten. Im Kriterium Preis lagen Sie auf Rang 1, allerdings mussten wir im Kriterium Personalqualität Abzüge vornehmen, da Ihr vorgeschlagenes Team weniger erfahren war als das des Bestbieters.“ – Solche Informationen ermöglichen es dem Bieter nachzuvollziehen, dass er nicht grundlos verloren hat, sondern an bestimmten, vorher bekannten Faktoren. Gerade in der Sicherheitsbranche, wo Anbieter viel Mühe in Angebote stecken, wird ein faires Feedback positiv aufgenommen und trägt zu guten Geschäftsbeziehungen bei. Aus Compliance-Sicht sollte der Auftraggeber darauf achten, keine vertraulichen Details anderer Angebote preiszugeben (z.B. konkrete Preise oder geschützte Konzepte), sondern nur in allgemeiner Form zu vergleichen. Durch die proaktive und faire Kommunikation sinkt auch das Risiko, dass ein enttäuschter Bieter ein förmliches Vergaberüge- oder Nachprüfungsverfahren anstrengt, da er die Entscheidung besser nachvollziehen kann.
Abschließend ist die Archivierung aller relevanten Vergabeunterlagen gemäß der Aufbewahrungsrichtlinien des Unternehmens bzw. der gesetzlichen Vorgaben zu erwähnen. Das umfasst die Ausschreibung selbst, alle Angebote (inkl. der ggf. ausgeschiedenen), die gesamte Korrespondenz (Fragen der Bieter, Antworten, Meeting-Protokolle etc.), die Bewertungsdokumente und den Vergabevermerk sowie den schließlich geschlossenen Vertrag. Diese Unterlagen sollten zentral und sicher (z.B. in elektronischer Vergabeakte) abgelegt werden. Im Streitfall – etwa wenn ein Bieter nachträglich Ansprüche stellt oder ein Prüfer die Rechtmäßigkeit der Vergabe bewertet – ist die vollständige Akte das entscheidende Beweismittel. Ein professionelles Sicherheitsunternehmen wird solche Dokumentation ebenso schätzen, falls es selbst auditiert wird oder für eigene Qualitätssicherung. Insgesamt stellen Transparenz und Dokumentation zwei Seiten derselben Medaille dar: Der Auftraggeber muss intern belegbar und extern erklärbar machen können, warum welcher Anbieter den Zuschlag erhielt. Gelingt dies, ist die Ausschreibung sowohl für einen etwaigen Kontrollprozess (Audit) als auch reputationsmäßig abgesichert.