Standortsicherheit: Zufahrtschutz
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Standortsicherheit und Zufahrtschutz
In Zeiten wachsender Gefährdungslagen, zunehmender logistischer Komplexität und steigender ökologischer Anforderungen hat der Schutz von Standorten eine zentrale Bedeutung für das Facility Management erlangt. Der Begriff Standortsicherheit umfasst alle Maßnahmen, die dazu dienen, einen Unternehmens‑, Behörden‑ oder Forschungscampus, eine Produktionsstätte oder eine kritische Infrastruktur vor physischen Angriffen, Sabotage oder unbefugtem Zutritt zu schützen. Eine besondere Rolle spielt dabei der Zufahrtschutz, also der Schutz vor dem unkontrollierten Einfahren von Fahrzeugen in sensible Bereiche.
Bedeutung des Zufahrtschutzes in der Standortsicherheit
- Bedeutung
- Risikoanalyse
- Grundlagen
- Zufahrtschutzes
- Zutrittskontrolle
- Fortschritte
- Sicherheitsmanagement
- Entwicklung
- Menschliche
Zufahrtschutzes in der Standortsicherheit
Der Zufahrtschutz ist ein Teilaspekt der physischen Sicherheitsarchitektur, der in den letzten Jahren stark an Relevanz gewonnen hat. Einerseits häufen sich Fälle von Fahrzeugangriffen, bei denen das Fahrzeug selbst als Waffe genutzt wird. Andererseits setzen immer mehr Unternehmen auf offene, einladende Campusarchitekturen. Dieser Widerspruch zwischen Zugänglichkeit und Schutz erfordert gut durchdachte Sicherheitskonzepte. Der Sicherheitsdienstleister Securitas betont, dass moderne Sicherheitsmanagementsysteme eine „umfassende Herangehensweise an die Absicherung von Einrichtungen gegen sowohl physische als auch Cyber‑Bedrohungen“ erfordern und ausdrücklich Risikoanalysen, Policy Entwicklung und den Einsatz moderner Technologien als zentrale Bausteine nennen. Für Führungskräfte im Facility Management bedeutet dies, dass der Zufahrtschutz in ein integratives Gesamtkonzept eingebettet werden muss, das neben technischen Lösungen auch organisatorische und personelle Maßnahmen umfasst.
Risikoanalyse und Assessments als Ausgangspunkt
Die Grundlage jeder effektiven Sicherheitsstrategie ist eine gründliche Risikoanalyse. Dabei geht es nicht nur um die Identifikation potenzieller Bedrohungen, sondern auch um die Bewertung der vorhandenen Sicherheitsmaßnahmen und die Priorisierung von Schutzmaßnahmen. Die US‑amerikanische Cybersecurity and Infrastructure Security Agency (CISA) hat mit Security Assessment at First Entry (SAFE) ein Instrument entwickelt, das sich an Einrichtungen mit noch geringen Sicherheitsprogrammen richtet. SAFE soll die aktuelle Sicherheitslage einer Einrichtung rasch evaluieren und Eigentümern oder Betreibern Optionen zur Minderung von Gefahren aufzeigen. Der SAFE‑Besuch konzentriert sich auf die physische Sicherheit, dauert weniger als zwei Stunden und führt zu einem Bericht, der „lobenswerte Maßnahmen“ hervorhebt und gleichzeitig Verwundbarkeiten sowie Optionen zur Verbesserung des Perimeterschutzes und der Zugangskontrolle.
Auch außerhalb staatlicher Programme hat sich die periodische Risiko‑Auditierung als Best Practice etabliert. Das Fachportal FacilityOS weist darauf hin, dass regelmäßige Risikobewertungen entscheidend für eine erfolgreiche Planung der physischen Sicherheit sind, da sie Sicherheitslücken identifizieren und die effiziente Allokation begrenzter Ressourcen ermöglichen. Farsight Security betont ebenfalls, dass Sicherheit nur dann robust ist, wenn regelmäßige Audits und die Erstellung von kritischen System‑Checklisten durchgeführt werden; sie ermöglichen die proaktive Anpassung von Schutzmaßnahmen und stellen die Compliance sicher. Diese Audits sind nicht nur eine technische Überprüfung, sondern auch eine Möglichkeit, Beschäftigte einzubinden, Sicherheitsbewusstsein zu fördern und organisatorische Prozesse zu verbessern.
Normative Grundlagen: IWA 14, PAS 68 und ASTM
Ein Schlüsselelement des Zufahrtschutzes ist die Auswahl und Dimensionierung von Fahrzeugbarrieren. Damit diese ihre Schutzfunktion verlässlich erfüllen, müssen sie nach international anerkannten Prüfverfahren getestet werden. Die International Workshop Agreement (IWA) 14‑1 ist ein solcher Prüfstandard. Er wurde 2013 unter der Schirmherrschaft der International Organization for Standardization (ISO) veröffentlicht und stellt einen international einheitlichen Aufpralltest für Vehicle Security Barriers (VSB) dar. In diesem Standard werden Elemente aus den britischen Normen PAS 68 und den amerikanischen ASTM‑Standards zusammengeführt, um ein gemeinsames Bewertungssystem zu schaffen. Die Norm sollte als „weltweiter Aufprallteststandard“ fungieren und wurde unter Beteiligung des britischen Centre for Protection of National Infrastructure, des British Standards Institute und des US State Departments entwickelt.
Die Funktionsweise dieses Standards ist detailliert beschrieben: Fahrzeuge mit definiertem Gewicht (etwa 7 200 kg beim Centurion‑Bollard) prallen mit Geschwindigkeiten zwischen 16 und 112 km/h auf die Barriere. Im Vergleich zu PAS 68 sind die am häufigsten getesteten Geschwindigkeiten jedoch 32 km/h bis 80 km/h, und die Eindringtiefe des Fahrzeugs wird von der Vorderseite der Barriere aus gemessen. Der Standard verzichtet bewusst auf die Messung des Trümmerstreufeldes und erlaubt sowohl Boden‑ als auch ortsbezogene Einbauvarianten, um eine realistischere. Die britische Norm PAS 69 wiederum definiert die korrekte Installation bereits getesteter Produkte; beide Normen wurden später in der ISO 22343 Reihe weiterentwickelt. Facility Manager sollten darauf achten, dass eingesetzte Poller, Schranken oder Roadblocker entsprechend zertifiziert sind und die Prüfnummern korrekt interpretiert werden.
Hostile Vehicle Mitigation und physische Barrieren
Unter dem Schlagwort Hostile Vehicle Mitigation (HVM) werden Konzepte zusammengefasst, die verhindern sollen, dass ein Fahrzeug als Waffe eingesetzt wird. Die Wahl der Barriere hängt von der Bedrohungslage, der angestrebten Eindringtiefe sowie den örtlichen Gegebenheiten ab. Zu den gängigen VSB‑Systemen zählen automatische Poller, hydraulische Roadblocker, Schranken, Rasterscheren sowie mobile HVM‑Systeme. Die IWA 14‑Norm unterscheidet zudem nach Fahrzeugtyp, Gewicht, Geschwindigkeit und Aufprallwinkel. Das britische Sicherheitsunternehmen Heald verdeutlicht, dass die Leistungsklassifikation eines IWA‑14‑Produkts von vier Faktoren abhängt: dem Fahrzeug (neun Typen mit unterschiedlichen Gewichten), der Geschwindigkeit (typischerweise 32–80 km/h), dem Aufprallwinkel (häufig 90°, manchmal 45°) und dem Eindringungsmaß, das die Distanz des Fahrzeugs nach der Kollision angibt. Für Facility Manager ist es wichtig, diese Parameter zu verstehen, um geeignete Produkte auszuwählen.
Integration mit Zutrittskontrolle und Überwachungssystemen
Zufahrtsschutz ist ohne digitale Zutrittskontrollsysteme kaum noch denkbar. Moderne Access‑Control‑Systeme regeln, wer zu welchem Zeitpunkt Zugang erhält, und dokumentieren alle Ein‑ und Ausfahrten. Farsight Security beschreibt fortschrittliche Lösungen, die Zutrittskontrollsysteme mit Videoüberwachung, Bewegungsmeldern und Alarmanlagen. Zugleich betonen sie die Rolle von remote CCTV Monitoring, das eine kontinuierliche Überwachung ermöglicht und bei Vorfällen sofortige Maßnahmen einleitet. Die Integration dieser Technologien erhöht nicht nur den Schutz, sondern unterstützt auch die Auditfähigkeit, weil die Videoaufzeichnungen eine nachträgliche Analyse der Ereignisse gestatten.
Fortschritte bei biometrischer Identifikation und Künstlicher Intelligenz
Neben den klassischen Zutrittsmedien wie RFID‑Karten gewinnen biometrische Systeme an Bedeutung. Fingerabdruck‑, Gesichts‑ oder Iris‑Scanner erhöhen den Sicherheitsgrad, indem sie physische Dokumente oder Schlüssel ersetzen. Parallel dazu halten KI‑basierte Videoanalysen Einzug in das Facility Management. Sie erkennen Auffälligkeiten wie ungewöhnliche Fahrmanöver, hohe Geschwindigkeit oder stehende Fahrzeuge in Sperrzonen. Auch die Klassifikation von Fahrzeugtypen und Nummernschildern wird zunehmend automatisiert. Der Einsatz dieser Technologien sollte jedoch immer unter Beachtung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und lokaler Datenschutzgesetze erfolgen.
Integriertes Sicherheitsmanagement im Facility Management
Sicherheitsmanagement ist keine isolierte Disziplin, sondern eine Querschnittsaufgabe. Die Securitas‑Analyse betont, dass Facility Manager Sicherheitsrisiken durch regelmäßige Risikobewertungen, Einführung moderner Technologien und Schulung des Personals. Ferner wird hervorgehoben, dass Kooperationen mit Sicherheitsfachleuten notwendig sind, um maßgeschneiderte Sicherheitspläne zu entwickeln und umzusetzen.
Ein integratives Sicherheitsmanagement umfasst mehrere Ebenen:
Strategische Ebene – Entwicklung von Sicherheitsrichtlinien und Festlegung von Risikobudgets. Dies beinhaltet die Festlegung von Schutzklassen, Entscheidung über externe versus interne Sicherheitsdienstleistungen und die Integration von Sicherheits- in Nachhaltigkeitsstrategien.
Taktische Ebene – Planung konkreter Projekte wie den Bau von Zufahrtskontrollen, die Einführung eines Parkplatz‑Managements oder die Anschaffung von Barrieren. Hierbei müssen Normen wie IWA 14, lokale Bauvorschriften und städtebauliche Aspekte berücksichtigt werden.
Operative Ebene – Überwachung des laufenden Betriebs, Schulung von Sicherheits- und Facility‑Mitarbeitern, Durchführung von Audits und Tests. Farsight hebt hervor, dass regelmäßige Audits und eine kritische System‑Checkliste entscheidend sind, um Sicherheitslücken zu erkennen und Standards einzuhalten.
Die Einbindung der Mitarbeitenden ist zentral. Schulungen und Übungen, wie sie etwa im CISA‑Programm SAFE gefordert werden, stärken das Sicherheitsbewusstsein und sorgen dafür, dass auch im Ernstfall korrekt gehandelt wird. Darüber hinaus sollten Facility Manager sicherstellen, dass die Kommunikationswege zwischen Sicherheitsdienst, Technikern und Management klar definiert sind, wie Securitas empfiehlt.
Entwicklung eines standortspezifischen Zufahrtschutz‑Konzepts
Bestandsaufnahme und Gefährdungsanalyse – Ermittlung der Schutzwerte (Personen, Vermögenswerte, kritische Infrastruktur), Bewertung der Wahrscheinlichkeit verschiedener Bedrohungen (Terror, Kriminalität, Unfälle, Naturgefahren) und Analyse der bestehenden Schutzmaßnahmen.
Festlegung der Sicherheitsziele – Ableitung akzeptabler Rest‑Risiken und Definition von Schutzzielen in Abhängigkeit von Unternehmensstrategie, gesetzlichen Vorgaben und Versicherungsauflagen.
Auswahl geeigneter Barrieren – Entscheidungsfindung basierend auf Normen wie IWA 14 und PAS 68; Berücksichtigung von Fahrzeugtyp, Geschwindigkeit, Aufprallwinkel und zulässiger Durchdringung. Ebenso sind Aspekte wie Rettungswege, Lieferverkehr und Barrierefreiheit zu berücksichtigen.
Integration von Überwachungs‑ und Zutrittskontrollsystemen – Kombination physischer Barrieren mit digitalen Kontrollsystemen und intelligenten Sensoren. KI‑gestützte Analysen können dabei helfen, Anomalien frühzeitig zu erkennen.
Schulung und organisatorische Einbindung – Entwicklung von Notfallplänen, Durchführung regelmäßiger Übungen sowie Sensibilisierung der Mitarbeitenden für Sicherheits‑ und Datenschutzanforderungen.
Evaluation und kontinuierliche Verbesserung – Implementierung eines Auditzyklus, um Wirksamkeit und Konformität regelmäßig zu prüfen und neue Technologien sowie Änderungen der Bedrohungslage zu berücksichtigen.
Menschliche, organisatorische und städtebauliche Dimensionen
Technische Lösungen sind nur eine Seite der Medaille. Der Erfolg des Zufahrtschutzes hängt auch davon ab, wie Maßnahmen in den Alltag integriert werden und wie sie von den Nutzenden akzeptiert werden. Eine zu dominante Barriere kann das Sicherheitsgefühl der Beschäftigten und Besucher beeinträchtigen oder das Erscheinungsbild des Standorts negativ beeinflussen. Im Sinne einer Crime Prevention Through Environmental Design (CPTED) sollte der Zufahrtschutz daher gestalterisch in die Landschaft eingebettet werden. Poller können beispielsweise als Sitzgelegenheiten oder Kunstobjekte gestaltet werden. Auch nachhaltige Materialien und modulare Systeme können helfen, ökologische und ästhetische Anforderungen zu berücksichtigen.
Organisatorisch erfordert der Zufahrtschutz eine klare Rollenverteilung. Sicherheitskräfte müssen die Technik beherrschen und im Ernstfall schnell entscheiden können. Facility‑Manager sollten als koordinierende Schnittstelle wirken und den Informationsfluss zwischen Sicherheitsdienst, Haustechnik, Logistik und externen Behörden sicherstellen.